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KULTURHAUPTSTADT SALZKAMMERGUT 2024

Bodenschutz und Leerstand als Chance

APA 3. März 2023 | Foto: Salzkammergut 2024

Arthur Schindelegger (TU Wien), Gerald Priewasser-Höller (Curating Spaces), Elisabeth Schweeger (Künstlerische Geschäftsführerin 2024), Simone Barlian (Curating Spaces), Arthur Kanonier (TU Wien), Eva Mair (2024-Leiterin Baukultur/Handwerk), HvG

Im Rahmen der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 initiiert Hubert von Goisern das Projekt "Bodenschutz und Leerstand als Chance".

Die Europäische Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 will dem Leerstand von Gebäuden und der Bodenverschwendung begegnen. Gemeinsam mit dem Institut für Raumplanung der TU Wien und dem Kollektiv "Curating Spaces" wurden unter dem Titel "Bodenschutz und Leerstand als Chance" zwei Rechercheprojekte angestoßen - mit dem Ziel, die Leerstände für kulturelle, in weiterer Folge aber durchaus auch für andere Zwecke zu nutzen. Die Anregung zu dem Projekt stammt von Hubert von Goisern.

"Es ist eine traurige Tatsache, dass wir immer mehr Grünland verlieren", begründet der Musiker sein Engagement für das Thema. Er wandte sich bei der Präsentation des Projekts am Mittwoch in Bad Goisern gegen den Gedanken des ständigen Wachstums. "Bevor wir alle Wiesen zubauen, hätte ich gerne, dass wir weniger Leute sind", gestand er ein. Aber das brauche es nicht wirklich, "es gehen ja auch immer Leute weg". Von der Politik würde er sich wünschen, verantwortungsvoll mit der Ressource Boden umzugehen - etwa, indem man bei großen Flachbauten Photovoltaik oder bei offenen Parkplätzen beschattende Bäume vorschreibe.

Die Idee zu dem Projekt sei aus der Frage heraus entstanden, wo man der Kulturszene die Möglichkeit gebe, sich zu präsentieren, schilderte die künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt, Elisabeth Schweeger. Passende Gebäude und Räume für die freie Szene seien "Mangelware". Daher wurde eine Leerstandserhebung gemacht. Was man davon tatsächlich nutzen könne, werde man sehen. Die Partner der Kulturhauptstadt sollen jedenfalls Zugang zu den Daten bekommen und mit den Eigentümern, die Interesse haben, in Kontakt treten können.

Schweeger sieht sich aber auch als Impulsgeberin: "2024 ist ein Datum zwischen anderen. Wir leben weiter", hofft sie, dass zumindest ein Diskussionsprozess in Gang kommt und, dass, angestoßen durch das Projekt, auch später eine adäquate Leerstandsnutzung erfolgt. "Räume erinnern sich. War ein Raum einmal temporär erschlossen für ein Format, bewegt das etwas", ist auch Simone Barlian von Curating Spaces überzeugt.

"Curating Spaces" hat eine Bestandsaufnahme der ungenutzten Flächen in den 23 Kulturhauptstadt-Gemeinden erstellt. Unter "Leerstand" werden darin nicht nur ungenutzte Gebäude subsumiert, sondern auch verlassene Betriebsareale, leere Parkplätze sowie verwilderte Grünflächen. Bei der Recherche musste man sich stark auf Mundpropaganda stützen, da Leerstände nicht immer stolz präsentiert werden und - so sie nicht zum Verkauf stehen - nirgends aufgelistet sind. Dennoch wurden in akribischer Kleinarbeit 300 Immobilien gefunden, denen man neues Leben einhauchen könnte, beispielsweise ein verwaister Märchenpark in Grünau oder ein leer stehendes Skifahrerstüberl in Gosau.

In einem zweiten Projektteil will sich die Kulturhauptstadt gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Wien dem Thema Bodenschutz widmen - hier werden die erhobenen Daten analysiert, in Diskussionen mit Bürgern, Experten und Entscheidungsträgern sowie in Workshops sollen Möglichkeiten einer kompakten Siedlungsentwicklung erörtert werden. "Wir werden nicht substanziell mehr im Land und trotzdem rollen wir mit den Baggern durch", wundern sich auch Experten wie Arthur Schindelegger von der TU Wien, dass mit dem Rohstoff Boden immer noch recht verschwenderisch umgegangen wird.

Mit Hubert von Goisern auf Tour durch das nördliche Salzkammergut

Salzkammergut 2024 13. Juli 2022 | Foto: © Pia Fronia

Vorchdorf → Laakirchen → Kirchham → Scharnstein → Pettenbach → Roitham → St. Konrad

Die Vorbereitungen für das Kulturhauptstadt Europas Salzkammergut 2024 sind bereits voll im Gange und das vielfältige Programm nimmt konkrete Formen an. Es finden bereits erste Veranstaltungen statt und die Vorab-Kampagne "23 für 24" wird soeben in der gesamten Region sichtbar. Zu diesem Anlass hat sich das Team um die künstlerische Geschäftsführerin Elisabeth Schweeger gemeinsam mit Hubert von Goisern, Mitglied des Komitees der Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024, am Freitag den 8. Juli auf die Reise in sieben Orte des nördlichen Salzkammergutes gemacht, um die Bürgermeister der dort teilnehmenden Gemeinden über die vielfältigen Projekte, die Fortschritte der Planungen und die startende Kampagne zu informieren.

Salzkammergut 2024

APA 28. April 2022 | Foto: © OnMediaART Veronika Scharinger

Die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 nimmt Formen an. Die künstlerische Leiterin Elisabeth Schweeger (rechts oben mit kaufmännischer Leiterin Manuela Reichert und Hubert von Goisern) stellte in einer Pressekonferenz am Mittwoch erste Projekte, die Spartenleiterinnen und -leiter sowie ein namhaftes Komitee vor. "Macht und Tradition", "Kultur im Fluss" und "Sharing Salzkammergut" umreißen die Themen wie Habsburger, jüdisches Leben, Overtourism, Verkehr und die Kunst des Reisens. Eine Kampagne führt Gäste in der Region ab Juni hin zu "Salzkammergut 2024".

Man wolle sichtbar werden und das Interesse für das Ereignis in zwei Jahren wecken, erklärte Schweeger. Der Slogan "Kultur ist das neue Salz" bleibt, wiewohl er von dem Sujet "23 für 24" ergänzt wird. Damit weist man auf die Besonderheit hin, dass erstmals in der 37-jährigen Geschichte der Europäischen Kulturhauptstadt 23 Gemeinden eine solche ausrichten.

Als erste Veranstaltung am 29. Mai soll der Konzertabend zu Alma Rosé - leitete das Auschwitz-Orchester - mit Corinna Harfouch Lust auf mehr machen. Nachdem Schweeger angemerkt hatte, dass sich im Bidbook wenig zum jüdischen Leben im Salzkammergut finde, sei im Open Call Etliches dazu eingereicht worden. Projekte wie das Pop-up-Filmfestival Blickpunkte und Hallstatt_Denkwerkstatt entwickeln sich heuer beginnend bis 2024.

[...] Das Budget von 25,8 Mio. Euro möchte die kaufmännische Leiterin Manuela Reichert mit Sponsoring um zwei bis drei Millionen Euro erhöhen. Zur bereits fixierten und mit 1,5 Millionen Euro budgetierten Eröffnung am 19./20. Jänner gibt es unter anderem die Operette Eine Frau, die weiß, was sie will von Oscar Straus in der Regie von Barrie Kosky von der Komischen Oper Berlin.

[...] Schweeger präsentierte auch ein Komitee aus namhaften Unterstützerinnen und Unterstützern, das für die Region, für kulturellen Einsatz und hohe Qualität stehe mit Aleida Assmann, Hubert von Goisern, Xenia Hausner, Klaus Maria Brandauer, Tom Neuwirth/Conchita Wurst, Helga Rabl-Stadler, Franz Welser-Möst, Hannes Androsch und Johanna Mitterbauer. "In Österreich gibt es die Tradition sich über alles lustig zu machen und schlecht zu reden, da möchte ich ein Gegenbeispiel sein", erklärte Hubert von Goisern, der bereits bei Linz09 mit an Bord war, seine Beweggründe.

"Großartig, großartig, großartig"

Salzburger Nachrichten 13. November 2019 | Text: Bernhard Flieher

Hubert von Goisern freut sich für Bad Ischl: "Großartig, großartig, großartig" Hubert von Goisern war wegen der Bewerbung seiner Heimatregion als Kulturhauptstadt zunächst skeptisch, sieht nun aber "eine Riesenchance".

Für Hubert Achleitner aus Bad Goisern war der Bahnhof von Bad Ischl von klein auf das Tor zur Welt. So sagte er das vor Jahren in einem Interview mit den SN. Durch dieses Tor kann man freilich nicht nur hinaus aus dem Tal, sondern es kommen auch Gäste herein. Und es werden immer mehr. Deshalb war Hubert von Goisern zunächst "recht skeptisch, um nicht zu sagen: dagegen", was eine Bewerbung seiner Heimatregion als Europäische Kulturhauptstadt betraf. Nach der Entscheidung am Dienstag reagierte er im SN-Gespräch aber begeistert: "Großartig, großartig, großartig." Er habe sich im Lauf der Bewerbung von deren Wichtigkeit und Sinnhaftigkeit überzeugen lassen. "Es bietet sich die Chance, drängende Fragen, etwa nach der Zukunft des Tourismus in der Region, zu stellen", sagt er. Die Gäste aus aller Welt kämen ja ohnehin. Da sei es "Zeit, darüber nachzudenken, wie wir das steuern und was das für uns bedeutet". Man brauche sicher "keine Events wie Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften, sondern ein anderes Angebot", sagt er, eines, "bei dem sich die Region auch selbst hinterfragt". Diese Gelegenheit sei "nun riesig". Es biete sich die Möglichkeit – und es gibt "als Kulturhauptstadt auch die Mittel dafür"–, Entwicklungen zu analysieren und "da und dort neue Wege zu beschreiten, wie wir etwa mit dem Overtourism umgehen".

Hubert von Goisern war nicht unmittelbar in die Bewerbung involviert. "Immer aber wenn ich hier bin, bin ich mit den Leuten in Kontakt." Als Linz 2009 Kulturhauptstadt war, war seine Konzertschiffsreise auf der Donau Teil des Programms. Ob er sich 2024 mit einem eigenen Projekt beteiligen wird? "Das ist so weit weg! Ich habe grad einen Roman fertig, der im Frühjahr erscheint. Nächstes Jahr kommt ein neues Album und eine Tour – ich weiß nicht, was 2024 sein wird."