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FEDERN TOUR 2016

Hubert von Goisern - Federn Live

Der Blues ist dunkelblau

Abendzeitung 26. Oktober 2016 | Text: Arno Frank Eser | Foto: © imago
Hubert von Goisern

Hubert von Goisern rockt alpin den zweimal ausverkauften Circus Krone

Dass ein Liedermacher den Circus Krone an zwei aufeinanderfolgenden Tagen komplett vollmacht, gibt es ja nicht so häufig. Hubert von Goisern hat das allerdings gerade vollbracht. Der Österreicher mit der Quetschn hat das Publikum mit seinen Liedern begeistert - und den Fans nebenbei auch noch den Unterschied zwischen Blues und Depressionen erklärt.

Bevor man im Hause von Goisern nun eine Kreativ- und Live-Pause einlegt, gab es im Münchner Circus Krone noch zwei Konzerte, beide natürlich ausverkauft. Und obwohl sich das Programm kaum von dem Unterschied, was im vorletzten Sommer auf dem Königsplatz geboten wurde, war die Begeisterung bei den Fans kaum zu bremsen.

"Blues ist was anderes als Depression"

Schließlich ging es wieder um die musikalische Essenz einer Reise durch Louisiana, um Cajun, Country, Rock, ein bisschen Jazz, und vor allem um Blues. Und der passt einfach wunderbar zu dem, was wir heute Alpenrock nennen.

"Blues ist was anderes als Depression", erklärt Hubert von Goisern, "während die Depression ganz schwarz ist, ist der Blues dunkelblau und lässt ein bisschen Licht und Hoffnung durch." Und dann legt er sich ins Zeug, auf seinen verschiedenen Ziehharmonikas, an der Gitarre, an Mundharmonikas, am E-Piano und am Flügelhorn, und am Schluss auch noch an einem Alphorn, übrigens made in Germany.

Am intensivsten spürt man seinen Blues im Zwiegespräch zwischen Ziehharmonika mit der E-Gitarre oder der Pedal Steel Guitar. Gerade so, als wäre der Louisiana Blues schon immer im Alpenraum zuhause. Durch bewusste Zurückhaltung entstehen Freiräume – die gehören ganz allein der Seele.

"Wir schaffen das!"

Trotzdem wird auch ab und zu richtig auf Steirisch gefetzt, wie zum Beispiel bei Schnaps, einer musikalischen Warnung vor Hochprozentigem. "Nie vergessen: Der Schnaps is a Hund!" Der Musiker weiß wohl, wovon er spricht. Auch der Song Snowdown geht richtig ab. Er ist allen in der Welt gewidmet, die sich trauen, den Mund aufzumachen und laut die Wahrheit zu sagen, wenn es nötig ist. Ohne Rücksicht auf das eigene Wohl. Und mit Brenna tuats guat, dem Hit, können die Fans richtig schön ausflippen.

Romantik dann gegen Ende eines langen Konzertabends: Bei Weit weit weg und Heast as nit singen alle andächtig mit, bewusst und fast schon feierlich. "Wir leben in spannenden Zeiten, und wir müssen jetzt entscheiden, ob das alles gut ausgeht oder nicht. Ich weiß, dass einige nicht einverstanden sind, mit dem, was ich jetzt sage. Aber ich finde den Spruch von Frau Merkel gut: Wir schaffen das!"  

Cajun und Blues aus Oberösterreich

Badische Neueste Nachrichten 22. Oktober 2016 | Text & Foto: Thomas Zimmer

Vordergründig Gegensätzliches mischen: Hubert von Goisern im Tollhaus

Hubert von GoisernDie Leute dort in Louisiana, die seien eigentlich genauso wie die Landsleute: "Die genügen sich selbst", stellt Hubert von Goisern mit Blick auf seine USA-Studienreise vor einigen Jahren fest. Aber auch positive Erfahrungen hat er dort gemacht: dass nämlich die eigenen oberösterreichischen musikalischen Wurzeln nicht weit weg von dem sind, was dort angesagt ist – von Country, Cajun und Zydeco. Die eingeschworene Fangemeinde kennt das schon, schließlich hat von Goisern sein Album Federn 2014 schon ein halbes Jahr vorm Erscheinen live vorgestellt. Ein Publikum, das offen für ein solches Experiment ist, kommt wieder, wenn sich das Material im Bewusstsein gesetzt hat. Vordergründig Gegensätzliches so zu vermischen, dass der Zuhörer glaubt, das gehöre seit Urzeiten zusammen, ist eine Kunst, die der Sänger schon immer trefflich beherrscht hat.

Das ganz große Plus dieses Weltmusikers ist seine Fähigkeit, Einflüsse aufzusaugen und so wieder auszuspucken, dass es nicht angelernt oder aufgesetzt klingt, sondern zu einem natürlichen Teil des eigenen musikalischen Universums wird. Auch deshalb, weil die Band ihre kraftvolle und im Zweifelsfall zum fleischigen Rock tendierende Musizierweise nicht verleugnet, weil sie aber auch genug Sensibilität hat, sich zurückzunehmen, um etwa den amerikanischen Pedal Steel Gitarristen Bob Bernstein (der mit seinem Instrument im Film Brokeback Mountain zu hören war) glänzen zu lassen. Dem bietet von Goisern – auch in diesem Konzert ein unterhaltsamer Geschichtenerzähler – politisches Asyl, sollte das mit der Wahl in den USA "doch noch schiefgehen". Um sich gleich zu besinnen, dass ja auch in Österreich eine Wahl anstehe, die ebenfalls schiefgehen könne.

Die Band (Gitarrist Severin Trogbacher, Drummer Alexander Pohn und Bassist Helmut Schartlmüller) wirkt inzwischen noch homogener, spielt mit traumwandlerischer Sicherheit: Ob der nicht totzukriegende Gassenhauer Susanna, ob die Verbindung zwischen Jodelkunst und krachendem Rock in Stoansteirisch: Alles steht diesen Musikern wie eine zweite Haut. Mit brachialer Eleganz pflügen sie auch durch den seltsam verschleppten Groove von Schnapps, bei dem unvorsichtige Ausdruckstänzer leicht ins Stolpern kommen könnten. Dann greift der Chef zur Stratocaster und singt "Es san dieselb'n Stroß'n, die die hamführ'n oda furt" und vorm geistigen Ohr des Zuhörers läuft zu einer zuckerfreien Rockballade ein Roadmovie ab. Das Instrumental Benni, ein Oldie aus der Alpinkatzen-Ära, packt den ländlichen Hupfauf Huckepack auf ein metallisches Gitarrenriff und klingt letztlich auch wieder amerikanisch: Man kann sich gut einen Cowboy vorstellen, der beim Rodeo vom Pferd abgeworfen wird. Den feistesten Kraftblues fahren die Musikanten in Snowdown ab. Einem wütenden, nervzerfetzenden Rundumschlag über alle Krisen, Konfliktherde und Katastrophen dieser Welt. Da darf man dann auch mal Plakate singen. Und die tanzbare erste Zugabe Brenna tuat's gut kommt wie eine Erlösung daher.

Sehnsucht brennt wie Schnaps

Frankfurter Neue Presse 21. Oktober 2016 | Text: Joachim Schreiner | Foto: © Sven-Sebastian Sajak

Hubert von Goisern machte bei seiner "Federn"-Tournee Station in der Frankfurter Jahrhunderthalle. Großartig!

Hubert von GoisernAuf der Bühne steht ein Künstler aus einem deutschsprachigen Land, doch eine Übersetzungshilfe wäre nicht schlecht. Was etwa könnte "Stoansteirisch" bedeuten?

Es ist ein ganz besonderes Idiom, das der inzwischen 63-jährige, unablässig tourende Weltmusiker mit Wohnsitz in Oberösterreich pflegt. ÜUOÖ (Über-Unter-Ober-Österreicher), lautet die Ouvertüre für ein Konzert, das mit sämtlichen Klischees von "Alpenrock" aufräumt, stattdessen klanglich einmal um die Welt zieht und alle möglichen Einflüsse verarbeitet.

Der Süden der USA hat es ihm diesmal angetan, die archaische Musik aus dem "Alten Amerika", wie es Rockkritiker Greil Marcus mal ausgedrückt hat. Und es funktioniert prächtig, was auf den ersten Blick unvereinbar scheint: urwüchsige österreichische Jauchzer und Jodler, schwüle Einlagen vom Mississippi, Rock, Country, Blues, Cajun und R & B.

Neben seinen gewohnt launig-originellen Ansagen bringt Hubert von Goisern packende rootsgesättigte Musik auf die Bühne des Kuppelsaals. Nur alle 100 Jahr ist ein Naturereignis von Klang, Es is wahr die eingedeutschte Version des Evergreens Jambalaya, zu dem die diatonische Ziehharmonika quietscht und die Lapsteel-Gitarren weinen. Mit Bob Bernstein hat sich der Multiinstrumentalist, Komponist und Sänger von Goisern wieder ein Original aus den Staaten in die Band geholt, der all jene Klangfarben erzeugen kann, die in ein amerikanisch gewürztes Sound-Menü gehören, jene aus Pedal Steel-Gitarre, Dobro und eben Lapsteel.

Und allen Fans der Frühzeit, die immer noch Goiserns alter Band Alpinkatzen nachtrauern, sei gesagt: Die neue Formation steht ihr in nichts nach. Alex Pohn am Schlagzeug und Helmut Schartlmüller (Bass) sind das druckvollste Rhythmusteam Österreichs, während Severin Trogbacher ein ungemein wandlungsfähiger Gitarrist ist, der sich in allen Spielarten zu Hause fühlt.

Am hellichten Tag kommt als langsamer räudiger Blues mit einer mörderischen, klagenden Mundharmonika daher, während So a Segn als gelungene Paraphrase der amerikanischen Hymne Amazing Grace dient. Singa gang guat, das berühmte amerikanische Volkslied Oh Susanna zitierend, galoppiert als schneller Ska vorüber. Und immer wieder Blues in allen Variationen, gespielt mit Leidenschaft und Inbrunst.

I bin ganz alloan, I hab den Blues und Mir hat träumt beschwören den amerikanischen Traum, den man am besten mit ein wenig Schnaps hinunterspült. Ja, und dann kommt man nach einer langen musikalischen Reise doch Wieder hoam und spürt genüsslich Wie der Wind sich in der Zwischenzeit gedreht hat.

Sprachbarrieren zwischen dem in allen amerikanischen Spielarten wildernden von Goisern und hessischen Fans, die sich nach der religiösen Anschauung haben fragen lassen ("Was seids ihr?"), sind inzwischen nur noch marginal, so dass dieses fulminante Konzert auch als Duett zwischen Künstler und Publikum funktioniert. Das wird am Ende eines pausenlosen Abends natürlich mit den Klassikern belohnt: Brenna tuats guat, die Anti-Kapitalistenhymne mit dem tiefschwarzen Text, Heast as nit, die Klangmeditation über das Vergehen der Zeit, und Weit, weit weg, der Song für alle Verliebten oder eben nicht-Verliebten, je nach Sichtweise. Ein großartiger Abend.

Servus Schaan. Servus Liechtenstein

Vaterland 18. Oktober 2016 | Text: agr | Foto: © sdb

Das Konzert war seit Wochen ausverkauft, die Vorfreude beim Publikum gross, die Freude nach dem Konzert noch viel grösser. Zwei Stunden lang begeisterte Hubert von Goisern mit seiner Band und seinem Programm "Federn" die Zuhörer.

Alex Pohn und Hubert von GoisernSCHAAN.  Er ist ein Tausendsassa, kann singen und jodeln, spielt mehrere Instrumente perfekt, kennt die Volksmusik fremder Länder genauso gut wie die seiner eigenen Heimat (Ober-)Österreich. Hubert von Goisern lebte in Südafrika, Kanada und auf den Philippinen, reiste durch Tansania und Tibet, tourte durch Westafrika und die USA und konzertierte in ganz Europa. Von all seinen Reisen nahm er die jeweils ursprüngliche Volksmusik in sich auf und baute sie in sein eigenes Repertoire ein. Was immer er tut – er bleibt authentisch. Dafür wurde unter anderem im April dieses Jahres im Volkstheater Wien zum Künstler des Jahres erklärt. Dieser Sieg war sein sechster Amadeus Austrian Music Award in Folge.

Country- und Western-Songs auf österreichisch

Am Sonntag also gastierte er im Schaaner SAL vor einem erwartungsvollen Publikum. Pünktlich um 20 Uhr erschien er, der Rauch waberte über die Bühne, Severin Trogbacher liess seine Gitarre wimmern, Helmut Schartlmüller stimmte seinen Bass, Alexander Pohn strich (noch) sachte über seine Drums und Bob Bernstein stand ruhig an seiner Pedal steel. Hubert von Goisern schnallte sich die Ziehharmonika um, rief: "Servus Schaan, servus Liechtenstein" in den Saal, plauderte ein wenig über seine Erfahrungen in den USA und schon erklang seine Interpretation von Hank Williams Country-Klassiker Jambalaya in the bayou.

Bei Goisern hiess es: "Es is wahr, jedes Jahr geht was weiter, aber leider wird a nit a jeder automatisch g'scheiter, nur mit'n schmäh wird's nit gehen sag i da oida, früahra oder später kimmt a jeder dran und dann zahlt er." Die ersten Fans sangen mit und als dann das Lied bin koan steirerbua ertönte, wurde auch getanzt.

Vom Soul und Blues und anderen Zuständen

Später folgte Amazing Grace im katholischen Louisiana als "protestantisches Lied" nicht beliebt, wie Hubert von Goisern erklärte. Er interpretierte es als innige Ballade mit viel Soul-Feeling. Den Soul, den hat er im Blut, er hat aber auch den Blues in sich. Oder hatte der Blues ihn? Sehnsüchtig besang er die Nacht, wenn seine Gedanken Bilder sind und er "endlich wieder hoam" will. Manchmal klang von Goisern zum Träumen schön traurig, so auch mit seiner Ballade Weit, weit weg, in der er voller Sehnsucht um eine vergangene Zeit klagt und Erinnerungen von einer verlorenen Liebe erzählt. Da fehlte nicht viel und im Saal hätten alle Handys aufgeleuchtet.

Wenn die Wahrheit ein Asyl braucht und nicht bekommt

Der Sänger faszinierte mit seinen langsamen Liebesballaden ebenso wie als politisch engagierter Liedermacher. Das wurde deutlich beim Song Snowdown, in dem die Wahrheit um Asyl ansucht und nicht bekommt. Das Lied bezog sich unter anderem auf die Flüchtlingssituation. Mit allem, was Hubert von Goisern an diesem Abend sang, verkörperte er seine Überzeugung. Er geisselte die Finanzwelt und den Wahnsinn, aus Weizen Treibstoff herzustellen, während Millionen Menschen hungern. Brenna tuats guat - das Geld, heisst es bei Goisern, der sang und jodelte, mühelos seine Instrumente wechselte, von der Ziehharmonika zur Gitarre, zur Maultrommel, Klarinette und Mundharmonika. Am Schluss griff er sogar nach einem Alphorn und rockte auch damit den Schaaner SAL. Dies nach zwei Stunden ununterbrochener Bühnenpräsenz. Er brennt eben, nicht nur für die Musik.

Hubert von Goisern: Live in Salzburg - 17. Oktober 2016

19. Oktober 2016 | Fotos: © Sarah Marchant

Hubert von Goisern brachte die "Federn" nach Wien

Heute 13. Oktober 2016

Der oberösterreichische Weltmusiker Hubert von Goisern gastierte am Mittwochabend im Rahmen seiner Federn-Tournee im Wiener Museumsquartier. Dort bewies der bald 64-jährige Multiinstrumentalist wieder einmal eindrucksvoll, dass er und seine Band zum absolut Besten gehören, was Österreich in Sachen Live-Unterhaltung zu bieten hat.

Der Schwerpunkt des rund zweieinhalb Stunden dauernden Konzertes lag auf dem aktuellen, im Mai 2015 erschienenen Album Federn, auf dem die amerikanische Country- und Bluesmusik Eingang in das Schaffen von Hubert von Goisern gefunden hat.

Wie schon bei der vorangegangenen Brenna Tuats Tour setzte der Sänger wieder auf den Gitarristen Severin Trogbacher, den Bassisten Helmut Schartlmüller und Schlagzeuger Alex Pohn. Wie ein Uhrwerk funtionierte das eingespielte Quartett, das durch den US-Amerikaner Bob Bernstein an der Slide-Gitarre verstärkt worden ist.

Neben sämtlichen Nummern vom Federn-Album durften ein paar Klassiker auf der Setliste natürlich nicht fehlen. So kamen vom Vorgängeralbum Entwederundoder die beiden Songs Nit lang her und Brenna tuats guat zum Einsatz. Im Zugabenblock gab es mit Wieder Hoam und dem Über-Hit Heast as nit zwei Gänsehaut-Garanten zu hören.

"Wir leben in spannenden Zeiten"

Aufgelockert hat der 63-jährige Oberösterreicher, dem man die Jahre noch nicht anmerkt, die Zeit zwischen den Nummern mit witzigen Anekdoten aus seinem Leben und seinen viele Reisen. Politisch hat er sich nur kurz vor dem Ende des Konzertes geäußert. Die Österreicher leben momentan "in spannenden Zeiten" und hätten es selber in der Hand, den zukünftigen Weg zu wählen. Der eine würde in eine gute Zukunft führen, der andere in den Abgrund.

Natürlich brauchte er nicht zu erwähnen, welcher Weg welcher ist. Der deutschen Kanzlerin attestierte er mehr Eier als so manchem ihrer männlichen Kollegen und gratulierte ihr für die mutige "Wir schaffen das"-Mentalität. Auch er hat manchmal Angst, doch solle man sich dennoch immer noch auf den nächsten Tag freuen. Denn wenn man schon mit Angst in einen neuen Tag startet, kann das kein guter werden, gab er der ausverkauften Halle E im MQ mit auf den Nachhauseweg.

Die Federn-Tour führt die Band noch bis Ende Oktober über Italien, Liechtenstein und Salzburg nach Deutschland.

Nichtstun trägt zur Zerrüttung bei

Allgemeine Zeitung 11. Oktober 2016 | Text: Alfred Balz

Hubert von Goisern präsentiert transatlantische Volksmusik aus Blues, Country, Walzern und Polka mit politischem Anspruch

MAINZ - Wenn man bedenkt, dass Hubert von Goiserns Musikkarriere erst mit 35 Jahren begann, hat sie doch eine bemerkenswerte Dynamik mit zahlreichen Brüchen und Veränderungen erlebt. So ist die Mainzer Rheingoldhalle auch diesmal gut gefüllt und das überwiegend ältere Publikum in bester Feierlaune. Wer den Brachial-Folker aus dem Salzkammergut kennt, weiß dass er trotz Sprachbarriere stets ein kraftvolles, anrührendes Konzert zu bieten hat.

Am Anfang standen Arbeit und Musikstudium in Südafrika und Kanada. Nachdem Hubert Achleitner, wie der Bad Goiserner bürgerlich heißt, in der örtlichen Blaskapelle Trompete und als Autodidakt Gitarre gelernt hat, fiel ihm erst Mitte 30 die steirische Harmonika seines Großvaters im Schnapsrausch in die Hände. 1986 Duo mit Wolfgang Staribacher, 1988 Alpinkatzen, 1991 Band mit Sabine Kapfinger, die ihm das Jodeln beibringt. Bis heute fast 30 CDs und ebenso viele Tourneen. 2014 wurde das letzte Album Federn mit amerikanischer Volksmusik von Nashville über New Orleans bis zum Mississippi Delta veröffentlicht.

Eine unverkennbare Mischung

Die flotten eingängigen Swamp-Klassiker bringt Hubert in seinem schwarzhumorigen Dialekt mit kompakt rockender Band (Slide und Rhythmusgitarre, Bass und Schlagzeug) im unverkennbaren Stilmix: Hank Williams Jambalaya (Es ist wahr) als Country Ohrwurm, das Spiritual Amazing Grace (So a Segn) verspielt und folkloristisch entspannt. Alte eigene Stücke spielt er als Country Walzer, Cajun Ländler oder Zydeco Polka. Im Gegensatz dazu gibt es die aktuelle Hymne auf Snowden, die NSA und den Abhörwahn als düsteren Heavy Metal.

Schnaps ("schnurstracks im freien Fall bis in die Hölln") als Medizin wird im Sprechgesang unter Aufzählung unterschiedlichster Brände und Obstler und ihrer Wirkung als Wahrheitsserum und Brandbeschleuniger empfohlen.

Ein langsamer psychedelischer Blues mit übersteuerter Mundharmonika und eine Alphornmeditation zeigen den Goiserner in ungewohntem Licht. Im Konzert spart Achleitner sich seine Ausseer Tänze und Schnadahüpferl fürs Finale auf.

Am persönlichsten wird's zum Schluss

Angesichts der aufgewühlten Stimmung im Land gibt er den Miesmachern Folgendes mit auf den Weg: "Man muss sich auf den nächsten Tag freuen, dann gelingt er besser." Und er fordert das Engagement der Zaudernden ein, deren Nichtstun zur Zerrüttung beiträgt. Dementsprechend inszeniert Achleitner seine Klassiker Weit, weit weg und das wehmütige Wie die Zeit vergeht als gemeinschaftliches Gesangserlebnis. Nachdem bereits große Teile des Publikums den Saal verlassen haben, gesellt er sich mit seiner Gitarre an den Bühnenrand und singt seine persönlichsten Lieder.

Wie ein Schwert im Gletschereis

Onetz 11. Oktober 2016 | Text & Foto: HOU

So ist er nun einmal: Geradlinig, immer nach neuen musikalischen Wegen suchend und bei seinen Auftritten schlichtweg genial. Laut und leise, feinfühlig und dann wieder mit dröhnender Stimme. Ein Poet, der Worte und Töne wie kaum ein anderer in Einklang bringt: Hubert von Goisern.

Hubert von GoisernWenn andere zu jodeln beginnen, wendet man sich mit Schaudern ab und hofft darauf, dass diese Berufs-Bergvagabunden und Dullijöh-Deppen bald ihre Tour durch den Musikantenstadel beendet haben mögen. Bei ihm, dem Hubert Achleitner aus Bad Goisern, klingt jeder Juchzer so, als ob sich ein scharfes Schwert ins Gletschereis bohrt. Bald wird er 64 Jahre alt. Doch noch immer steht da ein Mann auf der Bühne, der eine Vielzahl von Alleinstellungsmerkmalen auf sich vereinigt. Das macht ihn zum Monument.

Über 2000 Leute in der Nürnberger Meistersingerhalle. Wenn Hubert von Goisern samt seiner mit allen musikalischen Wassern gewaschenen Band die Zweistunden-Show serviert, wird ein Menü mit unzähligen Zutaten aufgetragen. Ein Feuerwerk von der ersten Minute an, das Worte und Akkorde zu einer unglaublich perfekten Symbiose vereinigt. Wer, außer ihm, würde es sonst noch wagen, die amerikanische Pedal-Steel-Guitar in Einklang mit der "Ziach" (wie er sagt) zu bringen? Es funktioniert unglaublich gut.

Umwerfend gute Nummer

Achleitner und seine vier Mitstreiter spielen den Blues aus den Swamps von Louisiana, sie machen aus dem Western-Gassenhauer Oh Susanna eine schier umwerfend gute Nummer. Der Frontmann aus dem Salzburger Land spielt Mundharmonika, setzt sich ans Keyboard, hängt die Gitarre um, glänzt mit Texten, die keiner so schreiben kann wie er. Musik und Sprache, die von den Sitzen reißt und dann wieder alle, die ihm zuhören, andachtsvoll in die Stühle presst.

"I tu mi hoart mit der Lederhosnmusik dort", reimt er mit einem Seitenhieb auf verirrte Klänge, die gerne dann zum Besten gegeben werden, wenn Menschen in Landhaustracht sich bemüßigt fühlen, auf Tische und Bänke zu steigen. Amazing Grace liefert Hubert von Goisern ab und dann eben dieses amerikanische Traditional von der Susanna. Sie fragt er: "Wos is jetzt mit uns zwoa?" US-Country und Texte aus Österreich - andere würde man auspfeifen und zum Teufel jagen. Doch bei ihm, dem Achleitner, gerät das zu einem Erlebnis.

Der Altmeister aus Goisern prangert das Elend unserer Tage an. Doch er sagt auch, nach all den Unsäglichkeiten brauner Vergangenheit, wir hätten jetzt gemeinsam die Chance, neue Umtriebe zu überwinden. Den Schnaps beim Nachbarn Franz beschreibt er, der Jambalaya-Rock von Fats Domino wird ins Salzkammergut transferiert. Achleitner braucht dazu kein Mikrofon, das auf Hirschgeweihe gepflanzt ist und er verschenkt keine rosa karierten Tüchlein. Er ist er. Unverwechselbar, ein Unikat. Kein trampelnder Älpler. Vielmehr ein Protagonist, der dem Trend unserer Zeit konsequent widersteht.

Meister auf dem Alphorn

Hitparade zum Schluss. Der Kukuruz wird verfeuert, die Hymne gegen Geldgier und Engstirnigkeit kracht wie Kanonendonner durch die Halle. Brenna tuats guat - und alle kennen den Text. Danach Weit weit weg und das ins Mikrofon gehauchte Heast as net, wia die Zeit vogeht. Zum Finale noch ein paar Töne aus dem Alphorn.

Auch dabei entpuppt er sich als Meister. Dann geht Hubert von Goisern. Jede Nacht hat ihr Ende. Es ist, als würde man aus einem schönen Traum erwachen und müsste nicht wieder in eine Welt eintauchen, die tagtäglich musikalisch perfiden Unfug auf uns regnen lässt.