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SCHLAFES BRUDER

Schlafes Bruder

1995

Schlafes BruderDer Film basiert auf einem sehr erfolgreichen Roman der letzten Jahre, geschaffen vom österreichischen Author Rober Schneider. Er erzählt die Geschichte eines Mannes, der hin- und hergesrissen ist zwischen der Liebe zu einer Frau und dem musikalischen Genie das in ihm brennt. Schneider ist ein Roman- und Theaterschriftsteller der zahllose Preise für Schlafes Bruder erhalten hat, darunter den prestigeträchtigen Robert Musil Preis der Stadt Wien und den französischen Prix de Medici. Das Buch wurde in 24 Sprachen übersetzt. Schneider schrieb auch das Filmdrehbuch. Der Film, bei dem Joseph Vilsmaier Regie führte, zeichnet sich durch eine reichhaltig-detailierte Aufführung von Oskar-Gewinner Rolf Zehetbauer aus.

Vilsmaier läßt das Leben in einem abgelegenen Alpendorf der Jahrhundertwendedes 19-en Jahrhunderts, in dem Elias Johanes Alder geboren ist, wiederauferstehen. Der Bub besitzt ein magisches musikalisches Talent, das im Moment seiner Geburt in seine Seele eingebrannt wurde. Diese Macht erfüllt die Dorfbewohner, mit Ausnahme von Peter, - Elias' einzigem Freund, sowohl mit Angst als auch mit Faszination.

Die zwei Buben verbringen heimlich ganze Nächte in der Dorfkirche, wo Elias spontan Meisterwerke auf der Kirchenorgel erschafft. Als Elsbeth - Peter's kleine Schwester - geboren wird, zieht es Elias zu einem See, bei dem alle Klänge des Universums in einer mächtigen und furchterregenden Erscheinung auf ihn einstürzen. Er erwacht daraus, sowohl physisch als auch spirituell an Elsbeth gebunden und geheimnisvoll verbunden mit all den Klangfarben und Tönen der Welt um Ihn herum.

Als die drei aufwachsen, werden ihre verzehrenden Leidenschaften auf tragische Art mit Eifersucht und Loyalität verwoben und gipfeln in einer zerstörerischen Wut, die das Dorf auseinanderreißt. Für Elias wird die Liebe, genau wie die Musik letztendlich ein Akt von fiebrigem und geniehaftem Wahnsinn.

Schlafes Bruder ist ein Film von beklemmender Intensität und überwältigender Romantik. Vilsmaier erzählt uns die Geschichte von Elias mit einer gänzlich erschreckenden Schärfe, die die harsche Realität dieses isolierten Dorfweilers mit einer tiefschürfenden Mystik verbindet, und die sowohl poetisch als auch brutal ist. Dieser Film ist eine unvergeßliche Mischung von stürmischer, begeisterter Musik,
(be-)greifbar visuellen Bildern und einer Besetzung, die von einem anderen Raum und einer anderen Zeit gekommen zu sein scheint.

Schlafes Bruder - Filmmusik

Fotos: © BMG Ariola

Schlafes Bruder

Hubert von Goisern - Schlafes Bruder

02.10.95 | 74321311742

  • 01. deine wille geschehe
  • 02. damals
  • 03. fahrt nach feldenberg
  • 04. erste liebe
  • 05. peter
  • 06. am stein
  • 07. kurzes glück
  • 08. meine wille geschehe
  • 09. abschied von eschberg
  • 10. erinnerungen
  • 11. erster schatten
  • 12. der letzte wille des elias alder
  • 13. zweiter schatten
  • 14. komm oh tod du schlafes bruder
  • 15. elsbeths lied

Die Arbeit an der Filmmusik war nicht immer so befriedigend wie das vorgelegte Ergebnis. Die Last des Stoffes, aus dem der Roman von Robert Schneider gewebt ist, drückte auf unsere Gemüter. Das Schicksal des Elias schlich sich in unsere Seelen, und die wuchtigen Bilder von Joseph Vilsmaier taten das ihre, um die Stimmung im Studio auf ein beinahe Unerträgliches zu verdichten. Dazu kam die Pluralität der Meinungen aus dem Expertenlager.

Es war ein Ringen um Luft und Licht. Dennoch, oder gerade deshalb, war es eine unvergeßliche Zeit. Ich denke nur an jene tiefverschneiten Winternächte in den Bergen, als die Sterne die Gipfel berührten und mit Norbert Schneider zusammen das Thema entstand; oder an die beiden geheimnisvollen Nächte im Dom zu Salzburg mit Harald Feller an der großen Orgel; oder an die Aufnahmen in München, als Norbert das Orchester dirigierte. Es gab Momente, in denen die Zeit stillstand.

Ich wünsche Ihnen ein intensives Hörerlebnis, wie es für uns alle eines war.

HvG

Harald und Hubert

Harald Feller und Hubert von Goisern

Norbert J Schneider

Norbert J Schneider

Ein Auszug aus einem Interview mit dem Regisseur des Filmes, Joseph Vilsmaier:

"Die stärkste Manifestation der mystischen Tiefe des Films ist das "Hörwunder". Wie sind sie daran gegangen, dies in die Sprache eines Kinofilmes zu übersetzen?"

"Zuallererst mit Angst. Monatelang haben wir versucht, weggeworfen, und wieder versucht. Hubert von Goisern zum Beispiel glaubte an so etwas wie einen tibetanischen Chor mit sphärischen Klängen. Was haben wir nicht alles versucht! Die Film-Nachbearbeitung war immens und includierte Arbeit mit dem Münchner Philharmonieorchester. Wir haben exzessiv daran gearbeitet und erst aufgehört, als wir dachten 'jetzt haben wir's!'. Mehrere Male wurde ich an die Erlebnisse erinnert, die ich während der Vorbereitung des Filmes erfuhr: Wir fuhren bis zu 3000 Metern hoch in den Alpen um Drehorte auszukundschaften. Und in einigen der Dörfer, in der Mitte von Nirgendwo, wurden wir mit totaler Ablehnung empfangen. Wir standen auf leeren Straßen und alle Häuser waren versperrt und doch fühlten wir ganz eindeutig, daß uns hunderte von Augen hinter zugezogenen Vorhängen beobachteten."

Die Partitur von Schlafes Bruder wurde von Hubert von Goisern und Norbert J. Schneider geschrieben. Harald Fellner war für alle Orgelpassagen verantwortlich. In diesen Tracks hat Hubert die Gesänge und akustischen Klänge geschaffen und er spielte auch die Flöte und die archaische Trommel. Norbert J. Schneider war verantwortlich für alle elektronischen Tasteninstrumente und für die Streich- und Blas-Arrangementes der Mitglieder der Münchner Philharmonie (die er dirigierte). Matthias Loibner spielte die Drehorgel und ehemalige Alpinkatzen-Mitglieder, Wolfgang Maier und Sabine Kapfinger, spielten Toms bzw. sangen.

Soundtrack-Reviews

Vergeßt alles, was Ihr zuvor vom Österreicher Hubert von Goisern gehört habt. Der vorliegende Soundtrack zum Vilsmaier-Film hat nichts, aber auch gar nichts, mit der bisherigen Musik des Volksmusikrockers zu tun. Hier finden sich Klangsequenzen, Orgelmusik und Orchestersound, die auf Anhieb erstaunen und abstoßen, aber auch ohne den Film gesehen zu haben, ihre Wirkung erzielen. Ein instrumentelles Hörerlebnis abseits von allen aktuellen Trends, aber umso beeindruckender. 5 Punkte.
Aschaffenburger Stadtmagazin, Februar 1996

Schlafes Bruder ist nicht nur der Name des neuen Filmes von Josef Vilsmaier, gedreht nach dem Roman von Robert Schneider, sondern auch der Titel des Soundtracks von und mit Hubert von Goisern, entstanden unter tatkräftiger Mithilfe von Norbert J. Schneider. Der Streifen lief am 5. Oktober in über 200 deutschen Kinos an, Filmstart in Österreich war schon vor rund einem Monat, und dort steht Schlafes Bruder in den Kinocharts auf Platz 1. Die jetzt auf Tonträger erschienene Filmmusik ist nur zum Teil identisch mit dem Original-Soundtrack. Sie wurde teilweise neu aufgenommen und gemischt von Wolfgang Spannberger und Klaus Strazicky sowie um einige Parts ergänzt.
Musik Markt, 23. Oktober 1995

"Ja, wer sagts denn, war die Auflösung im vergangenen Jahr doch nur ein Werbe-Gag" werden jetzt wohl einige denken. Doch weit gefehlt, obwohl auf der CD Hülle in großen Lettern "Hubert von Goisern" geschrieben steht, hat die Schlafes Bruder doch recht wenig mit der Alpinkatzenzeit des Goiserers gemein. Zwar gibt es auch auf dieser Filmmusik alpine Klänge, doch mit dem Rock hält er sich zurück. Vielmehr gibt es auf dem Silberling musikalische Klangwelten ohne Gesang. Von Goisern versteht es dabei exzellent, mit seiner Musik, ähnlich einem Maler, ganze Landschaften zu zeichnen, die mal düster und traurig, im nächsten Augenblick monumental und gleichzeitig bedrückend, enorm emotionsgeladen sind.
Blizzards CD-Kiste, 1995

Boxoffice Movie Review

Boxoffice | Text: Kim Williamson

Nur einen kleinen Schritt von kompletter Erhabenheit und mehr als seiner Oskar-Nominierung für fremdsprachigen Film verdient, beschwört das jüngste Werk von Joseph Vilsmaier (das kraftvoll bewegende Stalingrad) die besten Tage von Peter Weir, die frühe Aera seines grübelnden und weltfremden Picnic at Hanging Rock und The Last Wave herauf. Dort war Weir in der Lage eine Ebene der Realität fühlbar zu machen, die eigentlich zu vergeistigt war um dargestellt zu werden, und hier tut es ihm Vilsmaier gleich mit seiner Fähigkeit das Metaphysische irdisch zu machen. Man muß allerdings auch sagen, daß sowohl Vilsmaier als auch der Author Robert Schneider (der seinen Roman Schlafes Bruder umgearbeitet hat) sehr wirksam einen kontrastierenden Bodensatz von Seifenopern- Dramaturgie eingearbeitet haben, der ihre Erzählungen nur allzumenschlich macht.

Schlafes Bruder, eine Geschichte deren wichtigstes Element eine fast orgiastische Keyboardmusik sein wird, beginnt mit einer spektakulär erdrückenden Stille: Hoch in den Alpen, in einem winzigen und vergessenen Bergdorf im 19-en Jahrundert, wird ein Baby von seiner Mutter (Michaela Rosen) tot geboren. Vom Tod vollkommen aufgelöst, beginnt die unglückliche Hebamme das Te Deum zu singen, - plötzlich wird das Baby wieder lebending. Herangewachsen, zeigt der Bub Elias (Kaspar Hauser's Andre Eisermann), der so fremdartig anders ist, daß die Dorfbewohner ihn verächtlich behandeln, - wenn ihre Handlungen ihm so nahe bringen, daß sie ihn überhaupt beachten, (sogar seine Mutter sagt daß sein Blick sie erzittern läßt weil sie fürchtet daß er vom "kalten Samen" Satans geboren ist), Talent weit jenseits von absolutem Gehör. Seine lieblicher Gesang und speziell seine erstaunlichen Fähigkeiten auf der klapprigen Kirchenorgel schaffen ihm zwar keine Konvertiten, aber sogar die haßerfülltesten Dorfbewohner staunen über die Wohlklänge die er erschafft. In ihren kleinen und morastigen Herzen, können sie die Klänge des göttlichen erkennen.

In einer fesselnden Sequenz, erschafft Vilsmaier einen Moment, in dem Elias völlig eine Kreatur einer speziellen Ebene wird. Eines Tages, die Musik der Sphären anmutig in seinen Ohren, hört Elias den Herzschlag eines anderen Menschen und dieser Herzschlag gleicht seinem eigenen: Elsbeth, die noch ungeborene Schwester seines einzigen Freundes Peter (gespielt vom deutschen Bühnenschauspieler Ben Becker). Zu ihrem Geburtsort hingezogen, wird Elias von dort verjagt; er flieht zu einem kleinen See, in den ein einziger Felsen eingebettet ist, - ein Felsen, der geformt ist wie "der Abdruck Seines überwältigen Fußes als Er vorbeigeht", der, anders als alle anderen Felsen, keine Adern hat und "so weich wie Milch ist" (ein Symbol das letzlich einen liebevollen Kosmos suggeriert). Als er nackt auf dem erhabenen Stein liegt, gekrümmt in eine Fetus-Haltung, beginnt er alles zu hören. (Vilsmaier's Film-Metapher ist das Anstreifen von Wolken an den Bergspitzen, das wie ätherisches Violinmusik klingt; Langzeitschreiber Norbert J. Schneider erschafft eine fabelhaft donnernde Kakophonie). Das Universum brodelnd von Klängen, schreit Elias auf; Blut rinnt aus seinen Körperöffnungen; seine Augen werden orange. Später, als er versucht diese klanglichen Botschaften aufzuzeichnen, erscheint, was Elias aufzeichnet weniger musikalische Noten als Kupferstiche von übernatürlichen Sinuswellen.

Charakter-Konflikt wird in Schlafes Bruder von zwei tragischen Dreierbeziehungen hergestellt, in beiden erscheinen Elias und Elsbeth (Herbstmilch's Dana Vavrova, wieder hervorragend unter Ehemann Vilsmaier's Regie). Die beiden Charaktere sind, von höchster Macht, zutiefst irdisch füreinander bestimmt; aber Peter will Elias für sich selbst und die Dorfbewohner haben den klobigen Lukas (Detlef Bothe) für Elsbeth bestimmt, und Elias schließlich ist spirituell für eine ganz andere Sendung bestimmt. Feuer, Untreue und Mord folgen als das Leben der drei Schlüsselfiguren und die Existenz des Dorfweilsers selbst sich gegen und über eine Katastrophe hinaus bewegen. In einer schwierigen Rolle ist Eisermann exzellent; er macht Elias' Übernatürlichkeit überzeugend. Jeder in seiner Aufgabe werden die Schauspielerin Vavrova und der Regisseur Vilsmaier zu einem künstlerischen Duo das gleichauf ist mit den Thompson-Branegh und Jacob-Kieslowski-Paarungen vergangener Jahre. Der anspruchsvollste und beste Film des bisherigen 1996, scheint Schlafes Bruder dazu geschaffen zu sein, die Schläfrigkeit der künstlerischen Kreise wachzurütteln, welche in letzter Zeit die leichter verdaulichen Unterhaltungen bevorzugt haben. Eine Mischung von Rilk'schen Höhen und menschlichen Niederungen, ist dies ein Film für ein Nachgrübeln in einer langen dunklen Nacht.