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HUBERTS SCHREIBTISCH

Abgehalftert - was sonst?

14. August 2018 | Text: Hubert von Goisern

Von verbalen Feindseligkeiten ist es nur mehr ein kleiner Schritt zur Gewalttätigkeit. Alle die sich mit Weltgeschichte beschäftigen wissen das. Bei der FPÖ ist da die Hemmschwelle traditionell wenig ausgeprägt. Ich erinnere mich an das Jahr 1993. Schon damals haben die Freiheitlichen mit ihrem Österreich zuerst - Volksbegehren die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben, indem sie einen regelrechten Kreuzzug gegen Ausländer im Allgemeinen und Zuwanderer im Besonderen führten.

Heide Schmidt mahnte in einer Klubsitzung den damaligen Parteiobmann Jörg Haider, seine Scharfmacherei könne zu Gewaltausschreitungen führen. Seine Antwort: "Ich rechne sogar damit, dass etwas passieren wird, aber da müssen wir durch." An dieser Einstellung hat sich trotz neuer Gesichter nichts geändert. FPÖ Politiker leiden immer wieder unter rhetorischem Durchfall. Kein Wunder bei der giftigen Kost, die sie uns und sich selber auftischen.

Schlagbäume werden aufgestellt um nationale Grenzen dicht zu machen, aber die Grenzen des sprachlichen Anstandes und der Ehrenhaftigkeit werden aufgehoben. Bei der FPÖ, die seit Jahren unter scham- und rücksichtsloser Verwendung von Unwahrheiten, an einer eigenen (inkongruenten) Interpretation der Wirklichkeit bastelt, ist dann die Aufregung verständlicherweise groß, wenn einer wie Wolfgang Ambros kommt und die Dinge ungeschönt beim Namen nennt. Denn Ambros entspricht beim besten Willen nicht dem klassischen Feindbild der selbsternannten Heimatpartei. Er hat keinen Migrationshintergrund, er ist kein Steuerflüchtling, er geht weder regelmäßig in die Synagoge noch in eine Moschee. Er ist eigentlich genau so wie sie's gern hätten.

Allerdings ist der Woiferl undiplomatisch, unbequem, unkäuflich, aufrichtig und dabei trotz alledem in seiner Wortwahl niveauvoller als der übliche blaue Funktionärssprech. Da fühlt sich dann ein Parteisoldat, der selber am Tropf hängt, bemüßigt ihn als abgehalfterten Systemgünstling zu beschimpfen. Geht's noch???
Apropos abgehalftert. Das hätte der Generalsekretär wohl gerne: Künstler mit Zaumzeug, damit er sie an den Zügeln zur Tränke führen kann. Aber Künstler sind Freigeister. Pferdeäpfel auf das Haupt all jener, die uns an die Kandare nehmen wollen.

Hubert von Goisern

14.8.18