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HUBERTS SCHREIBTISCH

Der Sommer geht dem Ende zu

31. August 2024 | Text: Hubert von Goisern | Foto: © Tina Tanzer

Hubert von Goisern in St. WolfgangDas letzte der 24 Straßenmusikkonzerte fand am 29. August in Sankt Wolfgang statt, in jener Gemeinde, die sich der Kulturhauptstadt-Gemeinschaft verweigert hat. Aber es war der ausdrückliche Wunsch der Intendantin Elisabeth Schweeger, das Städtchen am Wolfgangsee trotzdem einzubinden. Und ich war da ganz bei ihr. St. Wolfgang ist Teil des Salzkammergutes, so wie Großbritannien Teil Europas ist, ob sie es nun wollen oder nicht. Angesichts dieser Umstände war es dann ein Konzert der besonderen Art. Doch waren das nicht alle? Ja, das waren sie, ausnahmslos. Und gerade noch schien der Sommer vor mir zu liegen, da geht er nun schon seinem Ende zu. Zur bluesigen Wehmut mischt sich die Vorfreude auf einen orangefarbenen, leuchtenden Herbst. Jedoch gestehe ich auch froh zu sein, dass das Kapitel Straßenmusik zu Ende geschrieben ist. Ursprünglich als lockere Fingerübung gedacht, hatte ich es in seiner ganzen Dimension ziemlich unterschätzt. Zugegeben, das tu ich immer.

Ich hatte in Sachen Kulturhauptstadt eigentlich überhaupt nicht vor, einen eigenen Beitrag zu leisten – außer meiner Bereitschaft im Komitee mitzuwirken und Botschafter nach innen zu sein. Als ich letzten Herbst meine Band aufgelöst und angekündigt hatte, mich von der Bühne zu verabschieden, um mir eine längere Auszeit zu nehmen, ahnte ich definitiv nicht, dass ich 2024 mehr Konzerte spielen würde als im "Tournee-Jahr" 2023.

Elisabeth Schweeger hat mich da allerdings, wie man so sagt, "am linken Fuß erwischt", und weil ich kein Freund von halben Sachen bin, hat sich eins aus dem andern ergeben. Wennschon, dennschon. Und ich bereue nichts – weder die Mitgestaltung der Eröffnungsfeier mit dem "Chor der Tausend" zum Start des Kulturhauptstadtjahres noch die 24 Straßenmusik- und zahlreichen extra Sommerabend-Konzerte bis hin zum Benefizkonzert für Sankt Florian.

Ich möchte die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, nicht missen. Nicht die Begegnungen mit den Menschen und erst recht nicht das gemeinsame Musizieren in so vielen verschiedenen Besetzungen, an so zahlreichen traumhaft schönen Orten meiner Heimat.

Die Freiluftsaison ist nun zu Ende. Im November gibt es noch sieben Konzerte mit der Lungau Big Band, allesamt in Konzerthäusern. Aber dann, nach vierzig Konzerten und etlichen zusätzlichen öffentlichen Auftritten, bin ich wirklich reif für die Insel, sprich für den Rückzug von der Öffentlichkeit. Ich will dem Lärm der Bühnenwelt den Rücken zuwenden und mich der inneren Unruhe stellen. Das ist eine nicht minder komplexe Herausforderung, aber eine, die ich für (m)eine Standortbestimmung brauche. Und eine, die (jedenfalls mir) nur gelingt, wenn das Scheinwerferlicht ausgeht und mich der Bühnennebel nicht mehr bedeutungsschwer umwabert.

Zwei Jahre, denke ich mir, wird es brauchen. Das dachte ich mir jedoch vor dreißig Jahren auch, nachdem ich die Alpinkatzen aufgelöst hatte. Sieben sind's geworden, bis ich die Konzertbühnen wieder betreten habe. Also ist es eine vorsichtige und gleichzeitig gewagte Prognose. Davon zu träumen, 2027 wieder Konzerte zu geben, erlaube ich mir trotzdem.

In diesem Sinne schließe ich mit Gefühlen der Dankbarkeit das Sommermärchen Straßenmusik und freue mich auf die Begegnungen mit den Töchtern der Erinnerung, mit den Musen.

Hubert von Goisern
Salzburg, am letzten Augusttag 2024