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S'NIX

Hubert von Goisern: S'Nix

Crossover Februar 2009 | Text: mst

"Es is nix", das wäre bei uns im vogtländischen Sprachgebrauch wohl eher gleichbedeutend mit "Das war wohl nichts"; damit würde man vorliegender CD jedoch definitiv Unrecht angedeihen lassen. Hubert Achleitner präsentiert sich hier wieder als der Meister des Unberechenbaren, als Erfinder des Alpenrock ebenso wie als Mann für die leisen Töne, als sprachgewandter Poet genauso wie als Freund des Experimentellen. Eigentlich sollte man überrascht ob der Popularität des Künstlers sein, da die Stilvielfalt schon ganz anderen zum Verhängnis geworden ist, die sich schlussendlich zwischen allen Stühlen wieder fanden. Bei Hubert von Goisern ist das zum Glück anders. Seine stilistischen Experimente sind zum großen Teil immer nachvollziehbar und ziehen sich authentisch durch die vielen Stationen seiner Karriere. Man denke nur an seine Reise durch einige westafrikanische Länder oder an die Linz-Europa-Tour, alles Ereignisse, die auch musikalisch Spuren hinterlassen haben. Weltmusik nennt man das dann ja wohl. Mit dem gut rockenden Opener Showtime und dem experimentellen, auf der Radioübertragung des österreichischen Kult-Sportreporters Heribert Meisel vom WM-Viertelfinalspiel Österreich gegen Schweiz 1954 aufgebauten Rotz & Wasser stellt Hubert von Goisern gleich zwei ungewöhnlichere Songs an den Anfang dieser CD. Während mir der Rock erwartungsgemäß sehr gut zusagt, habe ich mit dem Fußballhit schon eher Probleme, aber vielleicht muss man dafür auch Österreicher sein. (Muß man nicht - der sächsische Chefredakteur, der das Stück trotzdem klasse findet) Das folgende Weltuntergang ist dann was für den traditionellen Fan (wie auch immer der aussieht), mit zünftigem Akkordeon und auch Jodel- sowie Volksmusikeinlagen. S'Nix ist eine recht raue Platte geworden, mit diversen funkigen Einflüssen (selbst die Red Hot Chili Peppers könnten einige Passagen gewinnbringend einsetzen), dem gegenüber glücklicherweise auch die Goisern-wichtigen ruhigen Songs wie Die Liab, Regen oder auch das gefällige Duett mit Xavier Naidoo Siagst Es stehen. Letztendlich kann man Hubert von Goisern wieder eine starke Platte attestieren, die Lust auf weitere interessante Liveerlebnisse und Tonkonserven des Ausnahmekünstlers macht.

Hubert von Goisern: S'Nix

Soundbase Online 1. November 2008 | Text: SB

Tabula Rasa - ist mein erster Gedanke, als ich S'nix in den Händen halte. Wie ein unbeschriebenes Blatt mutet das CD-Cover an, aus welchem reliefartig die Buchstaben S'NIX empordrängen.

Als "das Warten auf den Moment, da sich Gedanken und Ideen zu Liedern formen" beschreibt der österreichische Liedermacher und Weltmusiker Hubert von Goisern S'NIX. Die Veröffentlichung dieser Scheibe fand parallel zum zweiten Teil seiner Linz-Europa-Tour statt, auf der es Hubert samt seiner achtköpfigen Band in einem Schubverband stromaufwärts über Passau und Regensburg, über den Main-Donaukanal zum Rhein bis nach Rotterdam führte.

Eine interessante Vorgehensweise wählte HvG diesmal, indem er erst die Band zusammenstellte und dann die Musik in gemeinsamen Jam-Sessions innerhalb von 4 Monaten entstehen und reifen ließ. Was die Musiker verbindet, sind die Reiseerfahrungen der Linz-Europa Tour Teil 1 "Goisern goes East". Die musikalische Flussreise führte die Crew auf der Donau stromabwärts bis zum Schwarzen Meer und zurück nach Linz. Hier hatte die Kombo die Möglichkeit, musikalisch und menschlich zusammenzuwachsen.

Im Interview zu TRAD II fragte ich HvG 2004, ob er nun immer so außergewöhnliche Aufnahmebedingungen suchen werde wie im damaligen Fall ein stillgelegtes Hotel auf dem Gipfel des Krippensteins. Er betonte damals, in luftiger Höhe den passenden Sound für die tendenziell ruhigere TRAD II gefunden zu haben, "... aber wenn man z.B. was Rockiges oder Funkiges machen will, was nicht nur laut sondern auch druckvoll sein soll, würde ich lieber schauen, dass wir ins Tal kommen, weil der Sound dort oben nie so dicht und druckvoll daherkommt wie auf Meeresspiegel-Niveau."

Gesagt - getan. Um den für S'nix charakteristischen prallen Sound zu produzieren, bedurfte es diesmal einer Industriehalle als Aufnahme-Location.

Das Ergebnis sind 12 dynamische und von einem Spektrum exotischer Klangfarben geprägte Stücke. Ob rockig, funky oder jazzig - kaleidoskopartig wird die Vielfarbigkeit von Musik und menschlichem Leben zelebriert und thematisiert. Dies geschieht unter Einfluss auffallend häufig eingesetzter elektronischer Synthi-Verfremdung und neben der klassischen Besetzung Gitarre - Bass - Schlagzeug - Gesang unter Einbeziehung diverser Blas- und Streichinstrumente. Unvorhergesehene Struktur- und Taktwechsel lassen ein heiter- bis rockiges Sound-Gemisch entstehen, das sich in seiner Komplexität letztlich zu einem stimmigen Gesamtbild formt.

Das rockige Showtime als Auftakt stürmt und drängt voran, um mit einem überraschenden Cut, gefolgt von einer Trillerpfeife, an Rotz & Wasser abzugeben - eine Hommage an Heribert Meisels leidenschaftliche Fußball-WM-Radio-Reportage 1954 im Viertelfinale Österreich/Schweiz.

Huberts Hausmarke - das Jodeln und die Steirische Ziehharmonika - bettet sich diesmal in Form von stilvollem Understatement in die Stücke ein, was der Grundstimmung der Platte gut zu Gesicht steht. Inzwischen habe er sich "frei gespielt von dem Anspruch, dass meine Regionalität in der Musik spürbar sein müsse - und von dem Anspruch, allen gerecht zu werden."

Wiederhörensfreude, die an vorangegangene Schaffensphasen des Künstlers anknüpfen, gibt es dann doch in Form eines pfundig geschleppten Landlers, der sich keck in das Pop-Stück Weltuntergang einnistet. Der melancholische warme Klang der Gadulka in Herschaun und Regen haucht S'Nix wehmütige Einflüsse von osteuropäischer Folklore ein.

Auseinander treiben nicht nur die Protagonisten des Liedtextes in Auseinandertreiben, auch der Sound des gospeligen Backgrounds sowie des Operngesangs streben fort - in höhere Sphären. Mit einer repetitiven Synthesizer-Sequenz gegen Ende assoziiere ich ein Besetztzeichen am Telefon - Bei aller Neu- und Ungewohntheit finde ich durch die feinen, leisen Zwischentöne immer wieder den vertrauten Spielraum, meiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Who the hell ist eigentlich Hermann?...

Das neunminütigen Duett mit Xavier Naidoo vermittelt Fernweh, Warten auf bessere Zeiten und schließlich Aufbruchstimmung. Der in ein Soul-Passepartout gerahmte Song scheint - wie letztendlich die gesamte Platte - ein Abbild von Huberts Lebenskunst zu sein, die geprägt ist von dem unerschütterlichen Willen, sich einer Sache mit Haut und Haar zu widmen, um dann mit ihr rigoros abzuschließen und einen Neuanfang zu wagen - der Reset-Knopf wird gedrückt. Tabula Rasa. S'NIX...

10/12

S'guat

Musenblätter 8. Oktober 2008 | Text: Frank Becker

Showtime!

Hubert von Goisern (als Hubert Achleitner ging er zwei Jahre nach dem Reisner Theo in Bad Goisern in´d Volksschul) gehört wohl zu den produktivsten und ideenreichsten Rockmusikern, die derzeit in deutscher Sprache (wenn der Goiserner diese Formulierung erlaubt) zu haben sind. Das nicht zuletzt hat ihm im Gegensatz zum Rechtsaußen Jörg Haider und trotz der Gegenstimmen der FPÖ die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt eingebracht. Diese Ehre teilt er mit dem Medizinalrat Dr. Theodor Reisner, dem Vater seines älteren Schulkameraden Theo. Natürlich sind die Mundart und die Musik seiner Heimat im Salzkammergut seit 20 Jahren integraler Bestandteil nicht nur seines Konzepts, sondern auch seines großen Erfolgs. S'nix heißt das neue Album des Musikers, der alle guten Eigenschaften in sich vereinigt: ungeheure Musikalität in Komposition und Performance, Feingefühl und Wucht brüderlich beieinander, Spielwitz und intelligente Textgestaltung.

Daß er auch eine großartige Bühnenshow abliefert, ist landauf landab bekannt. Wenn aber einer live wie aus der Konserve gleichermaßen mitreißt, ist das schon eine Erwähnung wert. Da muß man dann schon dem Albumtitel entgegenhalten: "S'wås" oder noch besser "S'guat". Hubert von Goisern entfesselt ein Rock- Spektakel von beachtlichen Ausmaßen, dem Severin Trogbacher an den elektrischen Gitarren, Helmuth Schartlmüller am E-Bass und Drummer Alex Pohn effizient Substanz geben. Neben dem Effekt auf die Füße, die beim Zuhören nicht stillstehen mögen, gibt HvG auch Lebenshilfe, die man in dem schön gestalteten Booklet komplett mitlesen kann: alle Texte sind drin.

HvG ist Weltbürger, was sich schon in früheren Alben manifestiert hat, denken wir nur an Ausland, die DVD Warten auf Timbuktu und sein derweil, das die großen Erfolge 1988-2006 gesammelt hat. Und er ist ein begnadeter Spaßvogel - die Nummer Rotz & Wasser mit der WM-Reportage mit Heribert Meisel vom 26.6.1954 wird wie die Hitzeschlacht von Lausanne in die Annalen des Sports eingehen. In der Bestenliste der Rockmusik hat S'nix längst seinen Platz. Wahrscheinlich wird man es einmal das White Album Hubert von Goiserns nennen.

Der knallharte Opener Showtime mit viel Witz und Herschaun mit Elementen des benachbarten Balkan haben schon viel zu bieten. Sogar der Weltuntergang kann mit HvG und einem herzhaften Jodler noch Spaß machen. Die Poesie seiner klugen Texte wie z.B. in Die Liab oder in Auseinandertreiben paßt zu Mundart und volkstümlicher Musik wie zu kompromißlosem Rock. Der sanfte Abschluß Hermann, den HvG instrumental am Flügelhorn und mit zarter Chorunterstützung zelebriert, ist nach all dem fetzigen RnB und knallhartem elektrischem Rock Balsam für Ohr und Seele.

S'Nix

Folker! 4/2008 | Text: Suzanne Cords

Wenn man monatelang durch den "Wilden Osten" über die Donau schippert, dann geht man hinterher nicht einfach ins Studio und produziert ein normales Album. Zum ersten Mal brachte Hubert von Goisern keine fertigen Stücke mit, stattdessen erlebten die Songs in langen Sessions die ersten Geburtswehen, so wie die Band es vom Schiff her gewohnt war. Und was für eine Band: jung, dynamisch und neugierig auf fremdes Terrain. Die bulgarische Kniegeigerin Darinka Tsekova hat von Goisern auf der Donautour vom Fleck weg engagiert, die restlichen Musiker kommen aus den Alpenländern und haben unterwegs begeistert in fremde Kulturen hineingeschnuppert. Und doch klingt eine Hommage an die Schifffahrt nur beim Stück Herschaun an, wo der Sound an Balkantraditionen anknüpft. "Es war noch zu früh, die ganzen Eindrücke zu verarbeiten", meint von Goisern. "Dennoch hat das Album etwas Episches. Wer mit so einem großen Schiff so lange auf einem so breiten Fluss unterwegs ist, der macht keine kleinen Gesten mehr." Vielleicht beginnt das Album mit der Rocknummer Showtime deswegen so ungestüm und voller Ungeduld. Aber auch hintergründige Texte wie Regen und sanfte Töne bei Die Liab, alpines Erbe mit dem klassischen Jodler bei Sieger und eine Collage der legendären Radioübertragung des WM-Spiels Österreich gegen die Schweiz Rotz & Wasser finden sich auf S'Nix. Was beweist, dass das Nichts eben doch etwas ist, was man zwar nicht anfassen, aber spüren und empfinden kann. Und wenn S'Nix so intensiv daherkommt wie bei Hubert von Goisern, dann immer her damit.

Legendäres Fußballmatch

Nürnberger Zeitung 25. Juni 2008 | Text: Clemens Helldörfer

In der kommenden Woche (Dienstag und Mittwoch) gastiert Hubert von Goisern auf einer "schwimmenden Bühne" am Nürnberger Hafen, mit musikalischer Unterstützung von Konstantin Wecker (nichts gegen den guten Konstantin, aber "Flusszigeiner" Wolfgang Buck hätte doch eigentlich noch besser gepasst).

Zur Einstimmung geben wir hier schon einmal Auskunft über den "neuen" Hubert von Goisern, der auf seiner aktuellen CD S'Nix wesentlich rockiger daherkommt als bisher gewohnt.

"He des kann do' no vü' lauter werd'n" fordert er schon eingangs in dem Rock'n'Roll-Stück Showtime, das die totale Kehrtwende im Vergleich zu den meditativ heimat verbundenen Trad-Scheiben ankündigt.

Danach nimmt er sich - wie überaus passend derzeit - des Themas "Fußball" an und baut eine Live-Reportage des Spiels Österreich-Schweiz ein. Diese als "Hitzeschlacht von Lausanne" bis heute bekannte Begegnung mit dem ebenso legendären Kommentar von Heribert Meisel fand im Rahmen der WM 1954 statt, war mit insgesamt zwölf Toren die bislang torreichste Begegnung einer WM-Endrunde und endete 7:5 für die Österreicher.

Ist dieser Auftakt stilistisch schon allerhand, so wird es im Verlauf der CD noch bunter: Bei der bluesig-souligen Ballade Siagst es meldet sich Xavier Naidoo als Gastsänger zu Wort, an anderen Stellen klingt es afrikanisch, dann wieder nach osteuropäischer Folklore.

Auch wenn man beim ersten Durchhören den Eindruck hat, das der "typische Hubert von Goisern" fast keinen Platz hat zwischen all diesen Stil-Mäandern, schälen sich beim zweiten oder dritten Mal Nischen und Ecken heraus, bei denen seine sattsam bekannten Jodler erklingen oder Musikzitate aus früheren Produktionen eingewoben sind. Und irgendwann passt alles so gut zusammen, dass man sich gar keinen anderen "Goiserer" mehr vorstellen kann - mindestens bis zur nächsten CD.

Hubert von Goisern: S'NIX

Laut Juni 2008 | Text: Eberhard Dobler

Eine TV-Doku von 2003 zeichnet nach, wie Hubert Von Goisern einige westafrikanische Staaten bereist, um offizielle Konzerte mit heimischen Künstlern zu bestreiten und in abgelegeneren Dörfern auszuloten, ob sich schwarzes Rhythmusverständnis spontan mit alpenländischen Jodlern kreuzen lässt: ein sehenswertes Stück Musikfernsehen [Grenzenlos].

Seine neue Platte weist die gewohnt hohe textliche Qualität aus, hat mit derlei Weltmusik-Experimenten aber weniger zu tun als sonst. Natürlich bleibt der gerne als Vater des Alpenrocks titulierte seinem Crossover schon aus Mundartgründen treu. Allerdings öffnete er sich mit neu zusammen gestellter und verjüngter Band deutlich in Richtung populärer Genres: Der Kopfnickfaktor wird heuer groß geschrieben.

Tough groovende Rocknummern (Showtime und Leben) - selten dürfte sich ein Drummer in Huberts Studio mehr verwirklicht haben - stehen neben elektronisch orientierten Tracks. Rotz & Wasser etwa instrumentiert Ausschnitte aus einer Radioübertragung des österreichischen Kult-Sportreporters Heribert Meisel vom WM-Viertelfinalspiel Österreich gegen Schweiz 1954.

Dazu kommen synkopiert und lässig groovende Offbeat-Soundscapes (Auseinandertreiben), ein Dancehall-Gerüst mit Rockgitarre, Akkordeon und östlicher Folklore (Herschaun) oder einfach waschechter Pop (Weltuntergang). Die alpenländischen Verweise scheinen zwar immer wieder durch, fallen im Verhältnis aber relativ spärlich aus.

Stattdessen klingen Hubert und Band streckenweise eher nach De-Phazz (Hermann), und die Strophen von Haut & Haar könnte die Peppers-Rhythmus-Sektion verwenden.

S'Nix wurde ungewohnt rau eingespielt - trotz entspannten Tracks wie Regen oder der Balladenkoop mit Xavier Naidoo (Siagst As). Die Platte weist eine große Bandbreite aus, bleibt aber aus einem Guss - ein weiterer Beweis für Goiserns Expertise.

Jene kommt aber nicht technokratisch daher, sondern mit Wärme und Herzblut. Und dazu instrumentiert der Chef-Alpenrocker auf Tracks wie Die Liab zuweilen frischer und experimenteller als manch seiner Ziehkinder.

Hubert von Goisern - "S'Nix"

Kulturküche 24. Juni 2008

Hubert von GoisernSich stets weiter entwickeln, verschiedene Stilrichtungen mitein-ander verbinden, ist schon lange das erklärte Motto von Hubert von Goisern. Diesem Leitbild folgt auch sein neues Album S'Nix (Sony BMG) mit 12 Tracks. Die CD ist ein Halbzeit-Ergebnis der im Juli letzten Jahres gestarteten Linz Europa Tour 2007-2009 mit der der Österreicher Berührungsängste vor der weiteren EU-Erweiterung zerstreuen möchte - das Verbindende suchen, es sichtbar und hörbar machen. Und so bestieg Goisern im vergangenen Sommer in Linz ein Schiff Richtung Osten. Die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine lagen auf seiner Route. Welche positiven Eindrücke diese Reise auf Goisern hatte, kann man auf seiner wunderbar stimmigen CD S'nix erahnen. Zum Beispiel beim Song Herschaun - "Ich will nimma singn, ich will schreien, dann kommen alle bei mir vorbei ..." - ein temperamentvolles Lied mit ungarisch-bulgarischen Einflüssen. Das Album ist rockig, mit vielen Stimmungs- und Stilwechseln, mit Jazz-, Reggae- und auch mit Elektronik-Elementen. In Rotz & Wasser werden Fußballkommentare von Heribert Meisel aus der Fußballreportage Österreich-Schweiz 1954 eingespielt. Und in der ruhigen Jazz-Ballade Siagst as tritt von Goisern mit Xavier Naidoo im Duett an.

5/5

Rock & alpine Weltmusik oder: das austrische 'White Album'

Schallplattenmann 9. Juni 2008

Hubert von Goisern - "S'Nix"

Oft bewundert und oft wieder aus den Augen verloren, muss ich zugeben, dass mich Hubert von Goiserns neues Album mit offenem Mund dastehen lässt. Dass sich der Oberösterreicher mit seiner rebellischen Knopferlharmonika erneut zu steigern vermag, hatte ich nicht einmal im Kleingedruckten auf meinem Laufzettel. S'Nix, das austrische 'White Album', macht dort weiter, wo die überzeugende Anlaufschanze Fön (2000) mit schon signifikantem Akkordeon hin wollte.

Hubert von Goisern hat schon immer ein außerheimatliches Image- (Volksmusik) und Verständigungsproblem (Dialekttexte). Das ficht den Vielseitigen allerdings nicht an. Mit beneidenswerter Gelassenheit, Subtilität und Überzeugungskraft reichert er seinen Sound, der inzwischen längst nicht mehr ausschließlich auf Rock und alpine Volksmusik zurückgreift, auch mit Reggae, Soul, Rap, Weltmusik und Jazz an. Auf dem neuen Album zeigen sich romantische Popmelodien, üppige Rockgitarren, wuchtige Percussion-Elemente und ein emotionaler Sänger, der ganz offensichtlich mit seinem Leben, aber nicht mit der Welt zufrieden ist.

Mit Ausnahme von Weltuntergang und dem Jodler bei Sieger gibt es überraschend wenig Alpenländisches. Der Opener Showtime bezieht gesellschaftspolitisch Stellung und verleiht dieser mit heftigem Big-Band-Glanz und deftigem Rock auch Nachdruck. Regen fällt als handgeschüttelte Lebensphilosophie herab und streift, melancholisch geworden, Geige und Piano. Dafür geht in Auseinandertreiben nicht nur der Synthesizer mächtig Richtung Südstaaten-Gospel ab. Temperamentvollen Volkrock mit und ohne Puszta-Einfluss bekommt man beim spitzzüngigen Herschaun und den leidenschaftlichen Liebesbeschwörungen Die Liab (dahintreibend), Haut & Haar (atemlos) und Leben (all inclusive).

Ob Rotz & Wasser wegen der stattfindenden Europameisterschaft auf die CD kam, müsste beim Zuständigen erfragt werden. Witzig ist diese Collage mit Reporter Heribert Meisel und seiner legendären Radioübertragung des Fußball-Matches Österreich vs. Schweiz allemal und selbst Naidoo-Allergiker werden beim viel später folgenden, herzerweichenden Soul-Duo Hubert & Xavier in Siagst as (inklusive Sehnsuchtstrompete) nach Taschentüchern graben. Am Ende lässt uns der Instrumental-Track Hermann wortlos einfach davonschweben. Habe die Ehre.

Hubert von Goisern (eigentlich Hubert Achleitner) tritt mit neuer, verjüngter Band an und legt mit S'Nix nicht nur das bislang interessanteste, sondern auch gewichtigste Album seiner Karriere vor. Im Rahmen seiner Linz-Europa-Tournee ist HvG übrigens zwischen Juli und August 2008 in Deutschland auch live zu erleben.

gw: @@@@

Volk-Experimente

Morgenweb 12. Juni 2008

Hubert von Goisern zwischen den Stilen

Wer sich an Hubert von Goiserns angerockte Volkslieder seit Trad (2001) gewöhnt hat, muss umdenken: Auf S'nix erfindet sich der 55-jährige Oberösterreicher wieder mal neu und platziert sich lustvoll zwischen allen musikalischen Stilen. Die Extreme: Der aberwitzig schnelle Opener lamentiert über einer röhrenden Lenny-Kravitz-Gitarre, dass es "ka deitsches Wort für Showtime gibt". Es folgt eine Art Sound-Installation, die - passend zur Fußball-EM - einen unglaublich melodischen, militanten und emotionalen ORF-Kommentar des legendären Edi-Finger-Vorgängers Heribert Meisel von der WM 1954 über eine Mixtur aus ambientartigen Rhythmen und Volksmusik-Elementen legt - mit dem treffenden Titel Rotz und Wasser macht Goisern die Gefühlsachterbahn, die Fußball bedeuten kann, auch für Laien sinnlich erfahrbar. Gegen Ende wird es sphärisch und philosophisch, am interessantesten im dezent angejazzten Siagst As, bei dem Xavier Naidoo einen der stärksten seiner derzeit wieder überhand nehmenden Gastauftritte absolviert. Die stilistischen Ausflüge, die von Goisern seinen "traditionellen" Fans zumutet, machen durch die Bank Sinn, auch wenn sie nicht gerade Easy-Listening bedeuten. Von daher ist S'nix alles andere als nix.

Die permanente musikalische Weiterentwicklung von Hubert von Goisern trägt neue Früchte

Kulturwoche 11. Juni 2008 | Text: Manfred Horak

Mit dem Album "s'Nix" gelingt dem österreichischen Weltenbürger das bisher beste Album in seiner Karriere.

Das Album beginnt mit dem harten Rock von Showtime, das Achleitner in Wien erstmals beim Amadeus Award 2008 live präsentierte und die Grundaussage "...bitte gib ma mehr von dera musi/he des kann do' no' vü' lauter werd'n" enthält. Eine Irritation auf hohem, sehr hohem, Niveau, eingepeitscht mit einem Gitarren-Kracher und inklusive der Glaubensvermittlung, dass Rock & Roll die Volks- bzw. Weltmusik schlechthin ist. Dieses elementare Grundverständnis schiebt sich durch das gesamte Album und dort wo sich doch vermehrt alpenländische Kürzel breit machen ist auch die Ironie nicht weit. "Da oan kann nit reden/Und da andere nit singen", heißt es z.B. in Weltuntergang, bei dem er zudem ein selbst persiflierendes Zitat von Koa Hiatamadl unterbringt. Und gleich noch ein Zitat, weil es grad so schön dazu passt. In einem der stärksten Lieder des Albums, in Herschauen, geht es um eben dieses Herschauen, Hinschauen, Vorbeischauen, Zuschauen, Wegschauen, und um die maßvolle Textzeile "I wü neama singa, i wü schrein/Weil dann kemman alle bei mir da vorbei."

Das Außergewöhnlichste an S'Nix ist die Unvorhersehbarkeit, einerseits das Auseinandertreiben und andererseits die Integration diverser Genres, sowie der Mut nicht auf Vertrautes zu setzen, sondern erneut neue Wege zu gehen. Ungewöhnlich und witzig (bei manch anderen wäre es vermutlich nur peinlich) sein Fußball-Lied Rotz & Wasser. Hubert von Goisern tritt hier als Sänger zurück und lässt via Sample die Stimme des 1966 verstorbenen Radioreporters Heribert Meisel erklingen. Zu hören bekommt man die witzige Schnittmenge zum legendären WM-Länderspiel Österreich gegen Schweiz im Jahr 1954, das als "Hitzeschlacht von Lausanne" (Endstand 7:5 für Österreich) in die Fußballgeschichte einging. Unglaublich, wie es Hubert von Goisern schafft, die gesprochene Reportage zum Singen zu bringen. Hinzu kommt generell die musikalische Beweglichkeit von HvG auf S'Nix, die ihn als ganz Großen der Musikszene bestätigt. Reggae, Soul, Rap, alpenländische und andere Weltmusik und Jazz, und, wie eingangs beschrieben, in erster Linie Rock. Laut, hart, schnell und knüppeldick. Dicht und unangestrengt vital. Es ist ein gelassenes Album, das Selbstzufriedenheit und Selbstsicherheit ausstrahlt und es ist ein Album, das große Themen ebenso versiert und gekonnt abhandelt wie verspielte Lautmalereien. Gigantisch.

Hubert von Goisern - S'Nix

NMZ 2008/06

Vom aufgesetzten Rock zur wahren Volksmusik. Präsentiert seit vielen Jahren von Hubert von Goisern. S'Nix nennt sich der neue Tonträger. Selbstverständlich wieder völlig anders als man das erwartet hätte. Es verbietet sich bei von Goisern von Stilrichtungswechsel zu sprechen. Denn einen Stil hatte er wohl nie. Es war stets nur Musik, die er anbot und die dankbar angenommen wurde. Ob das mal weltmusikalische, bluesige, heimatliednahe oder volksmusische Klänge waren oder wie diesmal rockigere Klänge sind. Ihm kauft man das ab. Weil er ehrlich ist. Weil Gefühle musikalischen Ausdruck finden und Musik von ihm Gefühlsausbrüche erzeugt. Eine wunderbare Platte, die man ohne Vorbehalte hören kann. Ein plattes Lob: großartig!

Hubert von Goisern - S'Nix

Amazon.de Mai 2008 | Text: Ingeborg Schober

Wenn der eher wortkarge Österreicher Hubert von Goisern ein Album S'Nix nennt, dann ist das Untertreibung schlechthin. Ein Wortspiel dazu, denn immer, wenn man sich auf seinen Text-Kosmos einläßt, entdeckt man Großartiges, sperrig Verquertes, knapp auf dem Punkt gebracht. Bestes Beispiel dafür ist Herschaun mit den übersetzten Zeilen "Ich will nimma singn, ich will schreien, dann kommen alle bei mir vorbei ...", ein herrlich temperamentvoller, jodeliger Volk-Rock, auf dem die ungarisch-bulgarischen Einflüsse seiner ersten Donau-Linz-Reise auf einem zur Bühne umgebauten Schiff einfließen, bei der er auch Darinka Tsekova kennenlernte, die Gadulka spielt.

Auf diesem unglaublich kraftvollen und zugleich nachhaltig romantischen Album zeigt sich Hubert von Goisern gesanglich so emotional wie nie und musikalisch wenig alpenländisch, obwohl er seine Wurzeln nie verleugnet. Was insbesondere für Weltuntergang gilt, das ironisch das Hüttenmadl zitiert. Die insgesamt 11 Songs neben dem Instrumental Hermann breiten sich lange und abwechslungsreich aus, mit vielen Stimmungs- und Stilwechseln, ohne Hektik und jener Muse, die wohl so eine lange Schifffahrt mit sich bringt. Die neue, junge Band rockt fröhlich drauf los, viele Passagen sind vom Jazz geprägt, von Reggae - und auch die Elektronik übernimmt bisweilen die Führung. Der Opener Showtime mit heftigem Big-Band-Rock'n'Roll zum Orgelwald macht Partylaune, ähnlich druckvoll sind Leben und das leidenschaftliche Liebeslied Haut & Haar ausgefallen.

Ganz anders hingegen Auseinandertreiben mit Synthesizer-verwobenen Beschwörungschören der Südstaatenmusik, das Paradestück Sieger, übers Siegen und Verlieren, eine Gesangshymne, die frösteln läßt. Ähnlich intensiv ist die fast beiläufig fabulierte Lebensphilosophie Regen, eine halbakustische Ballade mit Geige und jazzigen E-Pianoläufen. Zwei Songs fallen völlig aus dem Rahmen und passen trotzdem gut ins Konzept. Rotz & Wasser, die "aktuelle" Collage aus alter Fußballreportage Österreich-Schweiz anno 1954 zur EM und einem Instrumentalhintergrund samt Zwiefachem, und die wunderschöne, soulige Jazz-Ballade Siagst as im Duett mit Xavier Naidoo zu einer wehmütigen Trompete, wo kantig auf kuschelig trifft - mitten ins Herz. Sanft und unbändig wild ist S'Nix mehr als genug.