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TRAD II

Interview mit Hubert von Goisern

Nightlife 13. November 2003 | Text: Michael Errat

Nightlife traf Hubert von Goisern, den österreichischen Superstar - volkstümlicher Musik in Wien. Er ist derzeit auf Promo Tour mit seinem neuen Album Trad II und stand uns Rede und Antwort bezüglich seines neuen Werkes und seiner bevorstehenden Tour. Beim Interview in einem Lokal im 9. Bezirk wirkte Hubert sehr entspannt und zurecht stolz auf seinen jüngsten Tonträger. Dieser wurde am Krippenstein in 2100 Metern Höhe, in vollster Abgeschiedenheit in einem leerstehendem Hotel aufgenommen. Mischpulte, Verstärker, Instrumente, Kompressoren und Filter machten den Weg nach oben um Huberts Folklore - Stücke, aus längst vergangenen Tagen in ein neues Gewand zu stecken.

Hubert von GoisernWarum haben Sie soviel Mühen auf sich genommen und Ihr neues Album in aller Abgeschiedenheit aufgenommen? Das wäre doch in einem Studio in Salzburg mit wesentlich weniger Aufwand verbunden gewesen.

Da ich früher sehr oft in diesem Gebiet Ski fahren war und dieses Hotel kannte, dachte ich diese, für mich, sehr eindrucksvollen Landschaft und Abgeschiedenheit wäre der ideale Produktionsort für mein Album.

Welchen Einfluss hat dieser außergewöhnliche Ort auf die musikalische Umsetzung Ihrer auserwählten Stücke für Trad II genommen?

Man kann nicht genau sagen, was wäre daraus geworden wenn wir das Album in einem Studio eingespielt hätten? Ob es gleich geworden wäre, oder nicht, weiß niemand. Ich denke schon, dass dieser Ort Einfluss auf die Produktion genommen hat. Ich bin nicht einer der unbedingt darauf schaut, welche Rahmenbedingungen eine Produktion haben muss. Man muss überall arbeiten können. Aber diese Stille da oben, keine Autos, das hat schon sicher Auswirkungen gehabt.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Lieder ausgewählt, die auf Trad II zu hören sind? Abgesehen von der Tatsache, dass Ihnen die Stücke höchst wahrscheinlich melodiös zugesagt haben.

Ich habe zu dieser Art von Musik eine ganz besondere Verbundenheit. Es sind alles Stücke, die ich seit vielen Jahren kenne, die Teil meiner Lebensgeschichte sind. "Ich hör was, find's schön, dann leg ich's wieder weg. Irgendwann taucht's dann wieder auf". Zum Teil sogar erst während der Produktion.

Sie haben mit Musikern aus sechs verschiedenen Ländern gearbeitet. War das ein Zufall oder hatte es einen ganz bestimmten Grund?

Es war mehr oder weniger Zufall. Es sind alles alte Freunde und Bekannte von mir, die selbst sehr viel beschäftigt sind. Aber das Wunder dabei ist die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Aufnahmen alle Zeit hatten. Mit einigen von ihnen wollte ich schon seit Jahren einmal arbeiten und jetzt hat es geklappt.

Hubert von GoisernWann gehen Sie wieder auf Tour?

Meine nächste Tour startet am Ascher Mittwoch und führt mich durch Österreich, Deutschland die Schweiz bis nach Skandinavien und auch in die östlichen Länder. Wie u.a. in die Ukraine und Tschechien.

Was für Musik hören Sie privat?

Ich höre eigentlich alles, außer meine eigenen Sachen natürlich. (lacht) Das würde mich zu sehr anstrengen. Ich würde mir die ganze Zeit denken, 'Ah! So hab ich das damals aufgenommen und mir dann überlegen wie ich's jetzt anders oder besser machen würde.' Ich höre gerne Ö1 und bei uns in Salzburg krieg ich die ganzen deutschen Sender rein, die ich auch sehr gern mag und manchmal sogar Ö3. Je nach Lust und Laune! Aber im Grunde genommen höre ich eigentlich sehr wenig Musik meist dann wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. An Sängern im speziellen hör ich mir Suzann Vega, Bob Marley und Peter Gabriel sehr gerne an aber auch Klassik von Beethoven und Wagner. Wagner allerdings nur in den richtigen Dosen.

Abschließend noch eine Frage zum Thema Starmania. Was halten Sie von der Art und Weise wie heute Stars gemacht werden?

Da fühle ich mich nicht wirklich kompetent ein Urteil darüber abzugeben. Da ich gerade einmal eine halbe Stunde hinein geschaut habe und das ganze Geschehen verfolgte aber ich denke, wenn es das nicht geben würde, dann gäbe es gar nichts. Ich weiß nur nicht ob das der richtige Weg ist einen Künstler zu promoten. Einerseits ist es gut, dass es so etwas gibt, andererseits kann ich es nicht unbedingt gut heißen junge Künstler in eine vorgegebene Schiene zu pressen und ihnen jede Form persönlicher Entwicklung zu nehmen. Aber das ist Ansichtsache.

Auf dem Gipfel der Gefühle

SZ Extra Magazin 22. - 28. Januar 2004 | Text: Hubert von Goisern | Foto: Stefan Prager
Hubert von Goisern

Hubert von Goisern hat seine neue Platte auf 2100 Metern Höhe aufgenommen und stellt sie nun im Flachland vor

Für zwei Dinge ist Bad Goisern im Salzkammergut berühmt: Für seinen berühmtesten Bürger, den Musiker Hubert Achleitner und für den Goiserer, einen zwiegenähten Bergstiefel. So robust der Schuh auch ist, der 51jährige Hubert von Goisern durfte einige davon verschlissen haben: Auf seinen Reisen durch Kanada, Tibet, Philippinen, Ägypten, Südafrika, Westafrika und vor allem zwischen Januar und März 2003. Da erklomm der Volks und Weltmusiker dreimal samt Band und Studioausrüstung gleichwohl behelfs Seilbahn den 2 100 Meter hohen Krippenstein im DachsteinMassiv, um in einem stillgelegten Hotel an der Bergstation Musik zu machen und aufzunehmen. Wer die dort oben komplett entstandene, stade, lebensfrohe und urige Platte Trad II hört, der wünscht sich, mehr Gruppen würden in Klausur gehen statt ins GroßstadtStudio. Weil "so ein Ort die Sinne beruhigt, das Auge, das Ohr, und alles sensibler wird", wie von Goisern sagt. "Und wenn du in der Stadt aufnimmst, fährt abends jeder heim, hier mussten alle dableiben." Angeblich blieben sie gerne Huberts Gäste aus Österreich, Italien Deutschland, England und, der Schweiz die alle ihre persönliche MusikGeschichte einbringen durften: Lapsteel, Dobro, Mandoline, Geigen, elektrisch Trommeln und viel Artfremdes mehr fügen sich in der Platte angenehm dezent und spannend ein, spontan wie bei einem Hüttenabend. Allen voran singt, maultrommelt, jodelt, zieh und mundharmonisiert sich von Goisern wie bei Trad I (2001) auf seine knurrigsanfte Weise durch alte Volkslieder, Wildererstücke, Landler und Melodien, die ihm im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen sind und die alle aus Bad Goisern und den Tälern drumherum stammen.

Alles wirkt nachts in den Bergen mystischer, größer

SZ-Magazin 2. Jänner 2004 | Text: Hubert von Goisern

Ich bin in Goisern aufgewachsen, im Salzkammergut. Ich war also von klein auf umgeben von den Trümmern des Dachsteinmassivs. Berge bedeuten Erinnerungen an meine Kindheit und Erinnerung bedeutet auch: Geborgenheit, Sicherheit. Im Flachland bist du allem viel stärker ausgesetzt, Berge bieten Schutz. So hab ich das immer schon empfunden.

Als ich zehn war, bin ich zum ersten Mal von Goisern aus eine halbe Stunde in den Bergwald raufgegangen, um da oben allein zu übernachten. Es war schon ein bisschen unheimlich, der Wind wehte, Äste und Bäume knacksten hier und da. Dennoch habe ich die Geräusche und die Dunkelheit nie als bedrohlich empfunden. In der Nacht rückt der Horizont weit weg, keine Kleinigkeiten lenken einen ab, alles wirkt schemenhaft, größer, mystischer, stiller, geheimnisvoller. Und als Kind mit lebhafter Fantasie hab ich mir gedacht: Wenn du jetzt einen Kobold triffst, dann war es höchste Zeit dafür.

Ich kann nicht sagen, ob ich mir Kraft hole, wenn ich heute allein auf einen Berg steige, meistens rund um den Dachstein, denn da kenne ich mich aus. Ganz sicher aber weiß ich, dass es eine reinigende Wirkung hat, sich auch nachts in dieser Umgebung aufzuhalten, die ewig ist. Da lösen sich die ganzen Knoten, die tagsüber unentwirrbar scheinen. Im Gebirge gelingt es mir häufig, Dinge plötzlich ganz anders zu sehen. Ich spüre, dass es einen Weg gibt aus den Gedanken, von denen ich zuvor dachte, ich könne sie nicht bewältigen. Es hat mir immer geholfen.Die große Natur, die Gesteinsmassen lassen jene Dinge zum Vorschein kommen, die zwar immer da, aber in einer lauten Welt viel schwieriger wahrzunehmen sind. In den Städten, auch schon im kleinen Salzburg, wo ich wohne, muss man den ganzen Lärm erst ausblenden, den akustischen wie den visuellen. Auf dem Berg aber flackern keine Neonlichter und es wuseln nicht überall Menschen herum. Man wird ganz auf sich zurückgeworfen, auf die eigenen Geister, die man mit sich herumträgt. Und man merkt, wie sich die Sinne beruhigen, das Auge, das Ohr.

Wenn man nachts allein in die Berge zieht, begegnet man mit großer Sicherheit niemandem. Und doch fühle ich da oben das Alleinsein nicht, dort kann ich über die Phantasie und die Träume zu allem und jedem Kontakt aufnehmen. Einsamkeit spüre ich in ganz anderen Augenblicken, interessanter weise immer nur, wenn ich unter Menschen bin: Wenn ich selbst unfähig bin, auf jemanden zuzugehen, und niemand auf mich zugeht.

Für mich ist die Menschenleere das Wesentliche an den Bergen. Deswegen kann man auch alles hineingeheimnissen, jede Romantik und jeden Horror. Vielleicht sind die Berge nichts anderes als große Spiegel, große Projektionsflächen unserer Seele. Genau wie die Wüste und das Meer. Berge, Wüste und Meer sind alles dasselbe. Ich brauche die Berge, weil ich mit ihnen aufgewachsen bin. Sie waren immer da, und wenn ich sie länger nicht sehen und spüren kann, nicht hineingehen kann in diese Landschaft, dann fehlt mir etwas.

Mein neues Album haben wir auf dem Gipfel des Krippensteins aufgenommen, in 2100 Meter Höhe in einem verlassenen Hotel. Erst waren einige Musiker skeptisch, aber als sie zum ersten Mal den Rundumblick auf das Dachsteingebirge genossen haben, waren alle Zweifel verflogen. Wir sind sogar mitten in der Nacht Ski gefahren, mit Stirnlampen. Kann es eine traumhaftere Umgebung geben, um zu arbeiten?

Hubert von Pfeifmirnix

Concerto 6/2003

Das Entstehen der neuen CD des Hubert von Goisern
Präsentation Trad 2

HvGIn mehr als 2000 Meter Höhe hat Hubert von Goistern auf dem Krippenstein im Salzkammergut seine neue CD Trad II vorgestellt, über die Tour mit Mounir erzählt und einen kurzen Ausblick auf seine nächste Zukunft gegeben.

Aufgenommen wurde die Trad II ja schon im vergangen Winter. Darum als erstes die Frage zu zeitlich noch näher liegenden Tour mit dem Ägypter Mohamed Mounir und seiner 13-köpfigen Band: Hat sie sich gelohnt?

Wir haben alle geweint wie die Schlosshunde am letzten Tag. Ja, sie war super. Viel schöner noch als wir es uns erträumt hatten . Es hat ein wirklicher Austausch stattgefunden. Ich kann jetzt nur sagen, was wir von ihnen bekommen haben: Wir haben a unglaubliche Herzlichkeit gespürt. Das hat sich auch nachher als sie weg waren, sehr positiv ausgewirkt. Ihr Umgang war dermaßen liebevoll, ja, von einer Vornehmheit, das is uns fast schon a bissl abhanden gekommen. Gefühlvoll und in erster Linie auf Harmonie bedacht. Das hat sich dann auch innerhalb unserer Gruppn breit gmacht. Musiziert hamma - also nacher, als die anderen dann weg waren, sans ma echt obgangen. Weil grad bei diesen Nummern, die ma miteinand musiziert haben, is da a Dimension dazuakommen, die ma, ja, dass es schad is, dass es nur drei Wochen waren. Aber ich hoffe, dass es irgend wann a Mal a zweites Kapitel gibt, oder eigentlich a Drittes, muss ma schon sagen.

Aber es hat sich ja die alte Band danach aufgelöst, nachdem, war des net schwerer auseinanderzugehen?

Na, Vielleicht hats des sogar leichter gmocht. Weil diese Zeit mit dem Mounir ja auch - net nur mit ihm sondern mit der ganzen Gruppe a begrenzte war, wost dann draufkommst. I bin dankbar, dass es diese drei Wochen in mein Leben geben hat. Und du kannst Sachen ja eh net festhalten, in dem Moment, wo dus versuchst, festzuhalten, dann zerflutschens dir scho wieder und werden irgendwie komisch. Also du musst die Dinge nehmen, so wie sie kommen, und wenn sie gehen, dann gehns halt wieder. Mit dieser Erkenntnis kommt dann a a gewisse Leichtigkeit, die dir a dann zugute kommt, wenn's Trennungen gibt.

Die neue Band?

Wie haben wieder heroben aufg'nommen im Winter letzten Jahres und da war klar, also, so, wie wir da beinand waren, möchte i gern auf Tour gehen und hab sie g'fragt und jeder war begeistert von der Idee und jetzt machma des so.

Die neue Geigerin kommt ja vom Bairisch Diatonisch Jodelwahnsinn?

I kenn sie scho lang, i hab sie auf an Festival das erste Mal troffen, das war glaub i 1993, also vor zehn Jahr und dann hamma uns immer wieder amal gstreift und gsehn, wenn i in München war und i hab sie dann 99 wie i die Fön produziert hab, g'fragt, ob sie net mitmochen will jetzt bei der neuen Gruppen, da hats den Jodelwahnsinn noch geben und da wollte sie nicht untreu sein und hat dann nur bei Katholisch was draufg'jodelt, also sie ist ins Studio gekommen, und wie sie sie dann aufglöst haben, voriges Jahr, da hab i sie glei gfragt, ob jetzt gangat.

HvG & BandUnd dann ist es gegangen?

Ja, also sie hat a bissl an Spundus davor, dass es ihr zu anstrengend wird, die Art wie i musizier, so intensiv wie wir a musizieren und touren. Des hat der Jodelwahnsinn ja nie gemacht, die san ja nach jedem Konzert ham gefahrn. Ham a, i waß net wie oft, aber sicher, nur an Bruchteil von dem g'spült, wos wir spüln, oder was i spü, und da hat sie sie denkt, na, des is ihr eigentlich zu steil. Aber nachdem der Jodelwahnsinn sich dann aufglöst hat, hat sie sie denkt, ja probieren kann is ja einmal, wenn's nit geht geht's net. Also, mia, mia holtens ja a aus.

Wieso machst das eigentlich?

Das Schwerste is die Tourvorbereitungsphase. Bis des alles organisiert hast, bis des Programm steht, bis des Team beianand is, net nur die Musiker, sondern das ganze Umfeld, die Technik, die Logistik. Und wenn des amoi lauft, dann denk i ma: Okay. Super, des

Des fährt . .

Des fohrt. Des is so, wie wenn du ein Riesen Sprungrad einfach einmal in Bewegen kriagen muasst, und wanns dann amoi fahrt, dann is des voll lässig und dann, also i bin gern unterwegs und i spü gern und i g'spürs a, wenn der Zeitpunkt erreicht is, wo i ma denk, jetzt tuats, aber dann sog i eh: reicht:

Du bis damals, als du mit 20 oder 19 oder so weg, weil dir alles zu eng worden is. Österreich, das Enge und so und jetzt machst du ja genau Österr. Volksmusik. Wie passt des zammen?

Ich könnts nicht machen, wenn ich jetzt mit einer lokalen Volkmusikpartie diese Lieder da dahoam spielen müsst, des kunnt i net mochn. I tat jetzt a net sogen, dass i Frieden gschaffen hab mit der Szene. Es war scho die Szene, die mich damals forttrieben hat. Für mi war des zum Beispiel a, also i hab mich persönlich angegriffen gfühlt, wie die Leut, die die Volksmusik spült haben, also die so in der Szene drinnen warn, über die Beatles gschimpft ham. Also des waren no die Harmlosesten von allen. Also i denk mir, Leut, die des net verstehn, die des ablehnen, mit denen will i nix z'toa hom. Do wüll i net einikommen, weil sonst wirst a so, weil die san ja olle so, also: damals worn alle so. Also die Szene hab i abgleht und damit a ihr Musik und was damit zsammghängt is.

HvGEs waren aber trotzdem die, über die die diese Musik überhaupt kennen glernt hast, oder?

Na. Die Volkliader hob i kennen glernt, so richtig kennen glernt, h'heart hab is scho, aber de san irgendwie do einei und do außi gangen, die Melodien sin sicher im Unterbewusstn hängen blieben, aber so richtig kennen glernt hab is über Freind'.

Wenn ma so singt, wenn's passt.

Jo, genau. Wannst da dann denkst, ma lässig. Des san jo unheimliche gschichten, die do drinnen san. Und was ma einfach net taugt, bei vielen vielen sogenannten authentischen Aufführungen von Volksmusik - grad wenn's gsungen wird - diese dauernde zwei oder Dreistimmigkeit. Des is fürchterlich. Weil jedes Liad hat a G'schicht und wenn drei Leut a Gschicht gleichzeitig erzählen, a wenn's as unisono machen, oder in einer schönen Harmonie, dann issas irgendwie was sehr Kunstvolles, wo ma sagt, ja, eh, super. Irgendwie g'setzt die Stimmen, oba die Gschicht bleibt auf da Strecken. Des is dann nur noch so a Produkt, wo die Art der Wiedergabe wichtiger is als des was wiedergeben wird.

Trad zwei, Trad eins. Unterschied.

Wohl scho. Es is scho, würd ich sagn, der nächste Schritt. Es is noch freier worden. Und es sind auch andere Musiker.

Die Trad II ist ja in einem aufgelassen Hotel auf 2000 Meter Höhe auf dem Krippenstein im Dachsteingebiet aufgenommen worden. Wie ist sie entstanden?

(Stille) Jo, Stille is jo jetzt net nur was Akustisch. Es gibt a a Stille für die Augen. Da heroben, so Eindrucksvoll das ist, so beruhigend ist es auch für das Aug. Du wachst jeden Tag auf es is das wetter vielleicht anders und die wolken stengan anders, und das Licht is anders, aber es nie irgend a geparktes Auto, des do steht und am nächsten Tag wo anders. Es gibt kane Reklametafeln, es gibt ka Neonlicht. Die Sinne kennan sie da wirklich beruhigen und obakummen und dadurch wird ma viel aufmerksamer für des was sie wirklich jetzt abspült, du wirst aufmerksamer für das Licht und für die Wolken und für den Ton von der Gitarr', der jetzt anfoch anders is, weil ...

HvGAber des is alles schon lang her, in Wirlichkeit

Ja, jetzt hamma Oktober, es is sieben Monat her.

Schon wieder was Neues?

Na, Jetzt gibt's des. Jetzt gibt's a Tour mit dem Programm, also mit ausschließlich Volksliedern. Sitzplatzambiente und net so groß wie eben Open Airs oder Festivals son, so über en Daumen gepeilt, 1000 Sitzplätze. Es san scho a paar dabei, die 2000, über zwei einhalb tausend haben, aber, im Schnitt hammo so 1000er.

Ist des net irgendwie a Verzicht auf - Geld?

Ah, do hab i des Glick, dass i über so was neamer nachdenken muss. A Verzicht auf Geld wars a die Mounir-Tour zu machen, die hat mi 50.000 Euro kost. Wir haben einfach irre Ausgaben ghabt, dass ma 13 Leit umafliagen und verköstigen und Aber, i bin sehr dankbar dafür, dass i mia des leisten kann,dass i do net aufs Geld schaun muass und dass i in dieser priviligierten Lage bin, wann mi was kddk wann i da Idee hab und des Kribbenl, dass i sogn kann: Machmas. Und net schaun muaß, rechnet sie des oder so irgendwas.

Trad 2?

Was die Trad 2 von der ersten Trad unterscheidet, is der Jodler. I wollt auf der ersten schon zwei, drei Jodler aufnehmen, des hätte aber dann den Rahmen gesprengt, und die Trad II hab i eigentlich gmocht, weil i Jodler machen wollt. Aber es san fünf Jodler und acht Lieder drauf.

Wenn i mit der Präsentation fertig bin, dann kommt als nächstes, dass i an Film mach über diese Musik oder mit dieser Musik. Des macht der Bayrische Rundfunk und der Julian Pölsler, des is a guater Freind von mir, über den i a sehr viel Volkslieder kennen gelernt hab. A Steirer. Der hat die Fernsehsaga gmacht, den Zweiteiler, da hab i a die Musik dafür gemocht und jo.

Es werden eigentlich acht Videoclips mit einer zusammenhängenden Story. Und des drahn ma do herinnen, und wenn des vorbei is, dann hamma am 18. Oktober den letzten Drehtag, so das Wetter und kann Streich spült und dann ziag i um ins neige Haus und neige Studio, und dann brauch i a Zeitl, bis i des auf die Reih bring.

Volkslieder sind das musikalische ABC

Jazzzeit 2003 | Text: Manfred Horak

Was mich bei TRAD, der ersten Produktion von Hubert von Goisern mit alten, überlieferten Volksliedern, immer störte, war die fehlende Wärme. Als ich TRAD II mit dementsprechender Skepsis in den CD-Player legte und die Playtaste betätigte, war ich eigentlich irritiert, was sich da vor mir auftat. Kohler, der Einstiegsjodler, das nachfolgende De Gamserln (eine Version mit reichlich Hitpotential), die geniale Wirtshausmusik von Da Insrige bis hin zum abschließenden Jodler Schönberger strahlen die intuitive Wärme von Volksmusik nur so ab, hinzu kommt, dass HvG bei den Musikern ein regelrechter Goldgriff gelang.

Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, war, wie es dazu kam, dass diese Produktion im Vergleich zu Trad um so viel homogener und natürlicher rüberschwappt. Guter Tipp, denn HvG präsentierte Trad II dort, wo sie entstand: Auf 2100 Meter Höhe, am Krippenstein...

Bis zu den Knien reichte der Schnee an manchen Stellen - Bongo, Hubert von Goiserns Hund, hatte daran seine Freud', tauchte den Kopf hinein, fraß den Schnee und tollte herum. An windig-exponierter Stelle, nach getanem Hatscher (ein Wandern hätte es ursprünglich werden sollen), scharte der Volkssänger die Menge um sich, beantwortete geduldig einige Fragen, und erklärte die CD quasi für eröffnet. "Warum da?", war eine der Fragen und der Frager deutete mit dem Finger hinunter aufs aufgelassene Hotel, in dem das Baby Trad II entstand, und der Frager schob ein "das Hotel erinnert mich an Shining" nach. Am Krippenstein, so HvG, verbrachte er, wenn er alles zusammenzählt, bereits einige Monate seines Lebens, und was das Hotel betrifft, nun: Es ist halt da. Wenn`s nicht da wäre, wär's nicht schad drum, aber, nochmals: Es ist halt da. Und weil es sich grad so ergab, packte er die notwendigen Sachen zusammen, und kehrte mit seinem Team an Musikern und Technikern im aufgelassenen Hotel ein. "Der große Vorteil hier oben war, dass wir die ganze Zeit unter uns waren. Dadurch konnte diese spezielle Stimmung entstehen, weil: Weg konnte ja niemand. Man konnte, wenn Pause war, rausgehen, aber draußen ist nichts." Das hört man auf jedem Ton der CD und ist das Geheimnis für diesen warmen, innigen, friedlichen und stimmigen Sound.

Dazu kommt noch die interessante Zusammensetzung der Instrumente: Max Lässer spielt Lapsteel, Mandoline und Dobro, Arnulf Lindner den Bass, Bernd Bechtloff ist der Schlagwerker, Burkhard Frauenlob bearbeitet die Tasteninstrumente, das wunderbare Geigenspiel und die Frauenstimmen stammen von Monika Drasch, Walpurga Höller und Marlene Schuen. Der Sänger selbst spielt die Zieharmonika, Mundharmonika und Maultrommel.

Vernichtung durch Anerkennung

"Mir ist wichtig, dass mir keiner sagt, wie ich tun soll, wenn ich musiziere. Nur: So weit sind viele noch nicht. Das ist der Hauptkonflikt für etliche, die mir sagen: 'Das gehört so und nicht so, wie du tust.' Aber das passt schon. Qualtinger hat einmal gesagt: 'Es gibt eine Vernichtung durch Anerkennung' und solange es solche gibt, die einen Widerstand darstellen, solange bin ich noch nicht vernichtet." Hubert von Goisern sprach diese Worte in seiner unnachahmlich gemütlichen Geschwindigkeit des Redens Stunden später in einem der leerstehenden Räumlichkeiten des ehemaligen Hotels am Krippenstein. Und auch diese: "Ich hab das Jodeln mit 37 Jahren gelernt, ich hab vorher nie gejodelt und glaubte eigentlich immer, man muss jodelnd geboren werden, oder es geht einfach nicht. Ich hab's von einer Kassette gelernt - allerdings nicht von einer Langenscheidt-Kassette.

Darauf jodelte eine 12-jährige, und ich dachte mir nur: Wow, was für ein Groove in dieser Melodie! - Und hab mir daraufhin die ganze Silbe rausgeschrieben und transportiert, mir via Walkman den Jodler reingezogen, mich auf eine Autobahnbrücke in Regensburg gestellt und stundenlang gejodelt. Es ist wichtig, anfangs dort zu jodeln, wo dich niemand hören kann, weil am Anfang klingt`s fürchterlich. Jahre später in Tibet habe ich erfahren, dass Tibeter ihren Gesang am Wasserfall lernen. An einem Ort also, wo sie ebenfalls nicht gehört werden können."

Wer an Volksmusik denkt, denkt automatisch auch an Heimat. HvG, wenn er Heimat definiert: "Da, wo ich mich einbringe, bin ich dahoam. Da, wo ich mich raushalte, nicht." Und Tradition? "Es wäre ein Blödsinn zu sagen, man erfindet den tiefen Teller neu. In meinen vielen Reisen durch andere Länder lernte ich Tradition grundsätzlich schätzen. Und wenn ich die Tradition von z.B. Westafrika zu schätzen lerne, dann muss ich auch fähig sein, die eigene Tradition schätzen zu lernen."

Was HvG der Volksmusik angetan hat, war eine Frage, die ein besonders langes Nachdenken erwirkte und mit dem Schlusssatz, "man kommt durch etwas Angetanes immer wohin, wo man freiwillig nicht hingegangen wäre, und es kann auch etwas Schönes sein, wo es einen dadurch hinhaut", endet.

Hubert von Goisern auf "Du und Du mit Lu"

Vienna Online 3. November 2003 | Photo: Vienna Online
Hubert von Goisern

Donnerstag, 30. Oktober: Der Alpenrocker Hubert von Goisern präsentierte den Arabella-Hörern stolz sein aktuelles Album TRAD II. Wie es zu diesem Namen kam und welche Einflüsse er auf seinem Album verarbeitete, verriet er im persönlichen Interview...

Hubert von Goisern kehrte bei Trad II wieder zu seinen österreichischen Wurzeln zurück

Hubert von Goisern (eigentlich Hubert Achleitner), geboren 1952 in Bad Goisern im Dachsteingebiet/Österreich, kann wohl zu Recht als der Begründer des Alpenrocks bezeichnet werden. Doch vorerst bestand der Vater darauf, dass sein Sohn etwas Bodenständiges macht, so erlernte er den Beruf des Chemielaboranten. Doch kaum hielt Hubert den Facharbeiterbrief in Händen, verließ er die Enge des Dorfes. Es zog ihn nach Südafrika, Kanada und auf die Philippinen. In Kanada studierte er Flamencogitarre und Harmonielehre.

"TRAD" steht für "Tradition", "Volksweise" und "Weisheit des Volkes"

Auf den Philippinen tauchte er in die Mystik und das Archaische eines abgelegenen Bergdorfes ein. 1984 kam er wieder nach Österreich. Er arbeitete als freischaffender Musiker und Komponist und studierte elektroakustische sowie experimentelle Musik an der Musikhochschule in Wien. 1986 erlernte er das Spielen auf der Ziehharmonika. Aus den fernen Ländern brachte Hubert Wurzeln traditioneller Musik mit und das erweckte in ihm den Wunsch, diese Wurzeln auch in seiner Heimat zu suchen. Daraus entstand Landler mit Rap, Steirer mit Rock, mit Blues und Funk. 1986 lernten sich Hubert von Goisern und Wolfgang Staribacher kennen, 1987 entstand Solide Alm und kurz darauf gründeten die beiden Musiker die Alpinkatzen.

Die berühmte Gorillaforscherin Jane Godall inspirierte ihn dazu Afrika zu besuchen

Nach einem kurzen Ausflug in die Filmmusik (Schlafes Bruder) löste Hubert von Goisern die Alpinkatzen auf, um sich vom Alpenrocker zum Weltmusiker weiter zu entwickeln. Aus diesem Grund begab sich Hubert von Goisern nach Afrika und auch nach Tibet, um neue musikalische Einflüsse auf sich wirken zu lassen. Das Ergebnis sind die beiden Alben Gombe und Inexil. Eine Weile lang hatte sich Hubert von Goisern aus der Musikszene zurückgezogen und voll und ganz der Hilfe für Tibet verschrieben. Erst im Sommer 1999 erwacht der erneute Wunsch, "etwas zu komponieren", im Herbst 2000 veröffentlicht Goisern sein viertes Studioalbum Fön, ein Jahr später folgte TRAD. Sein aktuelles Album TRAD II steht für "Tradition" und auch bei diesem Werk ist er seinem unverwechselbaren Stil treu geblieben.

Hubert von Goisern hat die Volksmusik-Szene "aufgemischt"

Tiroler Tageszeitung 3. November 2003

Sänger bietet auf "Trad II" "Volkslieder, die mir gefallen, so wie ich sie spiele"
- Ab Februar 2004 die "vielleicht für lange Zeit letzte Tour".

Wien (APA) - Hubert von Goisern ist wieder "Trad"-itionell. Auf seinem aktuellen Album Trad II (BMG) widmet sich der Sänger erneut seiner ureigenen Interpretation von alpiner Volksmusik - ohne die "HvG"-typischen Rock-, Pop- oder Weltmusikbeigaben, aber entstaubt und ohne Klischees. Die Gelassenheit, für Trad II nicht selbst zu schreiben, sondern Traditionelles zu interpretieren, schöpft HvG aus seinem Werdegang zwischen Hiatamadl und Weltmusik: "Ohne die Vorgeschichte, die ganze Szene aufgemischt zu haben, hätte ich das nicht gemacht", so "HvG" im APA-Gespräch.

Ab Februar 2004 geht der Goiserer auf Tournee - die erste, bei der er ausschließlich Volkslieder interpretieren wird, und "vielleicht für lange Zeit die letzte Tour", schilderte "HvG". "Musikalisch ausleben, was mir gefällt: Das gönne ich mir mit Trad II", so der Sänger über die Beweggründe, sich nach Trad (2001) ein weiteres Mal der puren Volksmusik zu widmen. Zu hören gibt es "Volkslieder, die mir gefallen, so wie ich sie spiele".

Hoch hinaus wollte die neue Aufnahme, die so manchen Jodler beinhaltet, der auf dem Vorgängeralbum keinen Platz mehr gefunden hatte, von Anfang an: Auf 2.100 Metern Seehöhe, im Berghotel Krippenstein am Dachsteinplateau, hat Hubert von Goisern sein neues Album stilgerecht eingespielt. Musiker aus vier Ländern - Italien, Deutschland, der Schweiz und Österreich - verpassten in luftiger Höhe Traditionellem vom Kohler bis zum Schützenmarsch einen frischen Klang. "Ich bin noch freier geworden im Umgang mit den Liedern", so Hubert von Goisern.

Dass der Sänger, der immer wieder die fehlende Unterstützung österreichischer Musiker durch die ORF-Radios sowie die Privatsender beklagt hat, auch mit diesem Album nicht unbedingt Hitradio-kompatibel ist, stört ihn nicht: "Das ist natürlich ein Nischenprogramm. Aber auch Nischen sind Täler". Bei den Fans habe Trad "sehr gut funktioniert". Radio, das es "sich so leicht wie möglich macht", unterschätze das Publikum.

Zwar suchen Massenmedien "immer nach dem Sensationellen - aber erst, wenn es ein Massenphänomen ist". Mit den Aufnahmen seines späteren Erfolgsalbums Aufgeigen statt niederschiassen hatte er "zwei Jahre lang Türklinken geputzt".

Bei der Indoor-Tour wird HvG rund 60 Konzerte geben, neben Österreich, Deutschland und der Schweiz auch in Osteuropa und Skandinavien. Zu spielen, wo man noch nie zu hören gewesen ist, sei "die ultimative Spannung". Ob man das Publikum in der Ukraine oder in Polen mit alpiner Volksmusik für sich gewinnen kann, sei zwar "ein großes Fragezeichen" - bisher hat es aber "immer funktioniert". Der Ausflug ins rein Traditionelle ist für den Sänger "begrenzt": "Egal wie die Resonanz ist, mit dem Ende der Tour ist das Programm Trad beendet. Dann ist alles 360 Grad offen".

Den Sänger lockt der Film, entweder als Komponist von Filmmusik "bis hin zum großen Orchester", oder wieder als Schauspieler (sein Debüt hat er schon 1990 in einer kleinen Fernseh-Rolle unter der Regie von Julian Pölsler gegeben). Auf Tour will er erst wieder gehen, wenn er etwas "ganz Neues" gemacht hat, das die Begegnung mit dem Publikum spannend macht. "Wenn man weiß, dass ein Programm funktioniert, sind die Konzerte nur ein Abholen vergangener Arbeit, mit der Angst, überheblich zu werden. Ich will neugierig sein, wie die Leute auf meine Musik reagieren. Dann reizt es mich, auf Tour zu gehen". Derzeit ist ab September 2004, dem Ende der Tour, alles offen - für HvG nicht unangenehm. "Der Zufall ist etwas dermaßen Geiles, dass ich mir das nicht versagen will".