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50. GEBURTSTAG

"Schauen, was auftaucht"

Salzburger Nachrichten 14. November 2002 | Text: Bernhard Flieher | Foto: © SN/ Wild & Team

Hubert von Goisern wird am Sonntag 50 Jahre alt - auch für einen Popstar kein Alter, noch dazu, wenn Rastlosigkeit das Leben bestimmt.

Hubert von Goisern50 Jahre ist alt. Für einen Popstar verdammt alt sogar. Gemessen an rund 1,8 Mill. verkaufter Tonträger und der Häufigkeit, mit der er Konzerthallen füllt, ist Hubert von Goisern ein Popstar, der am kommenden Sonntag 50 wird. Aber wir haben Mick Jagger. Der wird nächstes Jahr 60 und ist gerade dabei, Unerhörtes zu tun: Er trägt den Pop ins Pensionsalter. Nicht allein, weil die Altersgrenze für das Betreten von Pop-Bühnen keine Rolle mehr spielt, erscheint der Goiserer in seiner heimatlichen Umgebung gefährlich jung.

Hubert von Goisern steht nicht still. Vor ein paar Wochen erschien das Album Iwasig. In ein paar Tagen beginnt eine Clubtour. Im Winter starten die Aufnahmen für Trad 2. Er reist. Gerade war er in Ägypten, um bei einem musikalischen Gedankenaustausch mit dem Superstar Mohamed Mounir Konzerte für 2003 auszumachen.

Goisern sucht nie, aber findet immer. "Schauen, was auftaucht", sagte er 1994 nach dem Ende der Alpinkatzen auf die Frage, was er denn nun tun wolle. Das impliziert innere Gelassenheit und brennende Sehnsucht gleichermaßen. Es drängen ihn, den weltweit Gereisten, mehr Fragen, als er jemals Antworten geben wird. Sattheit, Gemütlichkeit und Bequemlichkeit fallen ihm vielleicht ein, wenn's ums Essen, um Freunde oder ein neues Sofa, aber sicher nicht, wenn's um die Form(ung) des Lebens geht.

Er ist ein Widerständler. Ob er mit der Ziehharmonika die kulturelle Volksdümmelei niederquetscht oder den Innenminister wegen der Flüchtlingspolitik angeht, macht keinen Unterschied.

In Salzburg, das er zur Wahlheimat erkor, in dieser Stadt der Erlahmung, und in diesem Österreich, das krankhaft süchtig scheint nach gemütlicher Bewahrung und krankhaft allergisch aufs Hinterfragen reagiert, muss ein solcher Typ ganz besonders auffallen.

Wie als Beweis für seine wichtige Rolle als Mund-Aufmacher wird er daheim in Österreich eher verdächtig beäugt als anderswo, als unterwegs. Wenn er in Dakar, im Münchner Circus Krone oder bei einem Open Air in Ägypten aufgeigt, muss er seine Kunst halt nicht jedes Mal von neuem vor dem Hintergrund erdrückender Traditionstümelei erklären und er sieht sich nicht mit Altlasten und linksintellektueller Voreingenommenheit konfrontiert, wenn er seine Liebe zur Heimat und zu dem, was Fruchtbares aus ihr wächst, "gesteht". Auf der Bühne verliert sich jede politisch korrekte, sozial engagierte Metaebene. Da ist er, was er sein will: Musiker, eigentlich egal, in welchem Genre, egal wo.

Dort oben ist dann emotional kein Unterschied, ob Mick dem Publikum Satisfaction gibt oder Hubert eine Polka stampft. Wenn die Musik fährt, fährt sie - wurscht, ob als Alpen-Ethno-Collage oder rumpelnder Zwiefacher, wurscht, ob ins Herz, ins Hirn oder die Beine. Diese Gewissheit ist ein grenzenloser Trost für die Welt, auch die kleine, hinter den sieben Bergen. Dort lösen Erfolg und Bewunderung jedoch ein komisch unheimliches Gefühl aus. Wenn ein "Eigener", "einer von uns", so etwas zu Stande bringt - da kann ja was nicht mit rechten Dingen zugehen. Und die rechten Dinge wiegen hier zu Lande schwer.

Weil er sich damit nicht arrangieren mag, wird der Goiserer - hoffentlich - rastlos bleiben. Vielleicht sieht er auch wegen seiner Rastlosigkeit, seiner ewigen Neugier und Widerständlerei viel jünger aus, als er ab Sonntag sein wird. Glückwunsch, Hubert! Auch zum runden Geburtstag.