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TIBET

Lügen, foltern, morden

Kleine Zeitung 28. Juni 1998

Hubert von Goiserns Herz schlägt seit langem für Tibet. Seit er dort war, weiß er um die Grausamkeit der Besatzer und die Ignoranz des Westens. "Ich komm' selbst aus dem Bergland, aber Tibet hat mich schon als Kind fasziniert", sagt Hubert von Goisern in einem Interview mit Lutz Maurer, das Sie heute abend sehen können. Der Megastar des österreichischen Ethno-Rock ist im Mai nur mit einigen Begleitern durch das Land gereist.

Mit ihm fuhr Tseten Zöchbauer, gebürtige Tibeterin und Organisatorin jener vielbeachteten Tournee, die vor einigen Monaten in Österreich zu sehen war. Goisern hatte die Tibeter damals durch sein Beisein unterstützt. Und seine Sehnsucht nach dem Land selbst ist dabei übermächtig geworden.

Fürchterlich sei sie Situation: "Freude, Ekstase und Tränen liegen so nahe beieinander", sagt der Musiker. Da gibt es ein Besatzungsregime, das "lügt, betrügt, foltert und mordet, und der Westen tut so, als ob da nix wär."

Der weitgehend gewaltfreie Kampf der Tibeter gegen die Chinesen nötigt Hubert von Goisern "enormen Respekt" ab, Aber ohne die Assistenz von außen sei er wohl aussichtslos: "Es ist fürchterlich zu sehen, wie sie dabei leiden müssen." Er wolle das, was in Tibet geschehe, nicht für alle Chinesen verallgemeinern aber dort seien sie brutal.

Auch die österreichische Delegation, die kürzlich China bereiste, habe kläglich versagt: Sie war gebeten worden, nach dem Schicksal des Pantschen Lama, eines sechsjährigen Kindes, das die Chinesen verhaftet haben, zu fragen: "Die haben gesagt: Red ma s' besser gar nicht an auf dieses Thema, wir wollen ja einen Dialog. Ja was ist denn das für ein Dialog, wenn wir uns alle Themen aufzwingen lassen?!"

Tibet-Gesänge, samtig sanft

Kurier 14. Juni 1998

HvG und der Dalai Lama"Regen bringt Glück sagt der Dalai Lama." Hubert von Goisern wiederholte es, als er Freitag nacht in Hallstatt vom Wind verblasen wurde. Hallmania mit Wasser-, Licht- und Lasershow war zu den Kulturerbe-Festen angesagt Doch erst fiel die Technik aus, dann trug's die Planen für die Bildprojektionen davon.

Regen bringt Glück. Kläglicher Trost für jene tausend Verehrer, die des Goiserers Rückkehr auf die Bühne mit Pracht & Herrlichkeit zelebrieren wollten. "Wia die Zeit vergeht", hat sie Hubert dann doch begrüßt. Nur zur Erinnerung. Sonst ist alles neu: Die tibetische Tracht, das fast schulterlange Haar. Und statt Alpinkatze Sabine steht Tibetstimme Passang Lhamo vom Dach der Welt neben ihm am Mikrofon. Eine von vier Künstler/ Innen, die er im Tibetischen Institute of Performing Arts im nordindischen Dharamsala vorfand, wo viele vor der chinesischen Besatzung geflüchtete Tibeter ihre Kultur zu bewahren suchen.

Letzten Herbst lud er sie nach Salzburg in sein Tonstudio ein: Opernsänger Sonam, seinen Kollegen Jamjang und die Mädchen Shareb & Passang. Sechs Wochen lang nahmen sie zwölf Lieder auf: Die vom "jüngsten Gefangenen Tibets" erzählen, dem sechsjährigen Panchen Lama, der zum nächsten "Oberhaupt" bestimmt ist, aber von den Chinesen an einen unbestimmten Ort entführt wurde. Von Wolken-Perlen und Adlern, den Juwelen des Himmels. Oder vom 6. Dalai Lama, der im 17. Jahrhundert lieber Schenken und Frauen in der Stadt frequentierte als den Heiligen Palast. Mit sanften hellen Stimmen, die nicht versuchen, westlich zu singen.

Der Goiserer hat das Rohmaterial bearbeitet. Um "einzigartige und unverwechselbare Weltmusik" herzustellen. Unter dem Titel Inexil brachte BMG jetzt die ersten CDs auf den Markt. Fein abgestimmt auf den Besuch des Dalai Lama in Ischl. Bei der Eröffnung der Ausstellung "Faszination Tibet" war Hubert von Goisern ebenso dabei wie Kulturerbe-Retterin Francesca Habeburg. Strahlkraft der subtileren PR-Art für eine Musikproduktion, die nun "unter die Leut' kommen soll".

Zugleich mit Goiserns afrikanischem Album Gombe. Der Krönung seine Begegnung mit Afrikaforscherin Jane Goodall, zwei Reisen in den schwarzen Kontinent und dem Land der Berge-Film mit Lutz Maurer: "Klänge, die vielleicht den Zauber und die Wildheit des Paradieses am Tanganjikasee weitergeben können", hofft Hubert.

Doppeltes Ergebnis seines Rückzugs vor vier Jahren, als der sensible, intelligente Unruh-Geist die Spiele einer markt- und gewinnorientierten Musikindustrie nicht mehr spielen wollte. Die gehen jetzt wieder von vorne los. Trotzdem ist alles ein wenig anders: Hubert Achleitner hat inzwischen auf seinen Reisen die Willkür des Terrors gegen die Tibeter erlebt, aber auch die unerschütterliche Fröhlichkeit des Dalai Lama und die samtige Sanftheit der Musiker vom Dach der Welt. Sie nennen sich "weiße Krähen" - weil "weiße Krähen anders sind als der Schwarm." Und mit dem Schwarm ist auch der Goiserer noch nie geflogen.

Jodeln ist die geilste Sprache der Musik

Zentralnerv.de | Text & Foto: Bernd Schweinar

Hubert von Goisern kehrt nach vier Jahren klangmalerisch zurück

Hubert von GoisernIllegal nach Tibet gereist überwog in Afrika das Gefühl, waren es in Tibet eher die Emotionen. "Passiert" sei ihm Tibet, "weil es eine Anfrage und ein politisches Problem gab". Trotzdem sei er auch hier "über die Musik in dieses Thema reingekommen". Musik, die für ihn "nur spürbar - nicht nachvollziehbar" war! Eine in österreich lebende Exil-Tibeterin hatte ihn gebeten eine Tournee tibetischer Musiker und Tänzerinnen zu unterstützen. Um das Bewußtsein der österreichischen Bevölkerung darauf hinzuweisen, daß es ein Tibet gibt und dieses Tibet ein besetztes Land sei, habe er sich engagiert und war "ganz fasziniert von dieser Kultur".

"Danach habe ich noch zwei Wochen gebraucht und zu der Exil-Tibeterin gesagt: Komm' wir fahren jetzt nach Tibet". Die Reise erfolgte "auf sehr abenteuerlichen Wegen", Kanäle, über die er "aus Sicherheitsgründen für andere Exil-Tibeter" nichts sagen könne. Mit Freunden hatte er vereinbart, daß er sich einmal wöchentlich telefonisch melden würde. Sollte der Anruf ausbleiben, hätten diese die öffentlichkeit alarmiert. Schwierig sie die Reiseentscheidung erst recht für die Exil-Tibeterin gewesen, die seit ihrem zweiten Lebensjahr nicht mehr in ihrer Heimat war, aufgrund ihres Schweizer Passes, dann aber doch alle Bedenken abstreifte.

Hubert von Goisern: "Ich war überzeugt, daß es sich bei den Geschichten die ich vorher hörte zu einem beträchtlichen Teil auch um Propaganda handelt, genauso wie es massive pro-chinesische Propaganda gibt". Er fand "nicht nur alles Negative bestätigt", es sei vielmehr "alles noch viel schlimmer" gewesen. "Ich habe das erste Mal in meinem Leben erfahren, was Freiheit bedeutet, weil ich Unfreiheit bis dahin nicht erlebt hatte", schildert er voller Emotionen. In Tibet gebe es "ein Netz von Spitzeln und eine Willkür der Macht", der man "immer und jederzeit ausgesetzt" sei. Es müsse nichts passieren, aber es könne jederzeit etwas passieren: "Dieses Bewußtsein reibt dich auf". Ein noch immer aufgewühlter Hubert von Goisern: "Du weißt nie, ob du jetzt einem Freund oder einem Feind gegenüber stehst. Diese Unsicherheit und dieses Mißtrauen prägen dort alles! - es ist fürchterlich".

Aufgeladen und "mit viel Mitteilungsbedürfnis" sei er damals aus Tibet zurückgekehrt. Er hat Reiseberichte verfaßt, Pressekonferenzen gegeben und merkte: "Ich drohe zu einem Journalisten zu werden, der über politische Verhältnisse berichtet". Hingegen sei er noch immer am verständlichsten und wahrhaftigsten", wenn er das was er spürt mit Musik ausdrucke. Er nahm dann mit dem "Tibetan Institute Of Performing Arts" im nordindischen Dharamsala und den Künstlern, die er noch von deren österreichtournee kannte, Kontakt auf und lud diese zu Aufnahmen nach österreich ein.

Bei der CD In Exil / Tibet sah er sich eher in der Produzentenrolle. "Ich sagte zu den Tibetern: Laßt uns doch das was euch bewegt, eure derzeitigen Träume und Leiden mit euren musikalischen Traditionen ausdrücken - aber eben auch mit dem, was im Grunde genommen zu einem Teil eurer Tradition geworden ist". Aber damit war er mitten in einer elementaren Konfliktsituation. Nur zwei der Musiker seien je selbst in Tibet gewesen, der Rest wurde im Exil geboren. In Indien wurden sie tagsüber geprägt von Hindi-Pop und westlicher Musik. Was diese jungen Musiker abends auf der Bühne präsentieren, sei in seinen Augen "Traditionsbewahrung, vergleichbar mit einer Vitrine in einem Museum". Dieser Generationskonflikt unterscheide sich aber in nichts von Kulturen irgendwo anders auf der Welt: "Mich hat vieles daran erinnert, wie es vor 15 Jahren mit unserer Volksmusik war - eine reine Traditionspflege, die mit dem hier und jetzt auch nichts zu tun hatte".

Die Arbeit mit den Tibetern erforderte Geduld. "Ich sagte, wenn ihr ein Lied singt, mit einem textlichen Inhalt und auch einer Melodie, die etwas bestimmtes transportiert, dann möchte ich, daß ihr das lebt!" Das sei für die "etwas ganz Neues" gewesen. Sherap habe gesagt: "Ich singe die Worte, aber ich fühle nichts, das ist nichts anderes, als wenn ich esse". Hubert von Goisern widersprach: "Das geht aber nicht! Man muß zu dieser Figur werden! Schauspieler machen es nicht anders und schlüpfen in eine Rolle hinein. Diesen Mut muß auch ein Musiker haben".

So, wie Passang sich mit dem gemeinsamen Song Kham-Lu bei einer Aufzeichnung des Bayerischen Fernsehens (Songs an einem Sommerabend, Sendetermin: 4. September, 19.45 Uhr) auf Kloster Banz in Oberfranken präsentierte und den 4.000 Besuchern ins Gefühlsleben drang, hat Huberts Arbeit dennoch Früchte getragen. "Die Passang hat eine Magic, die unter die Haut geht" und Huberts eigene Begeisterung ist in seinen Worten spürbar. Sein Beitrag für Tibet könne insgesamt nur ein rein solidarischer sein. Mit Veröffentlichung der CD sei diese Phase für ihn zunächst einmal abgeschlossen. Er habe zwar Visionen und Ideen, wie es weitergehen könnte, aber ob die Tibeter wieder zu einer gemeinsamen Tournee nach Europa kämen oder eventuell bei seiner Tournee einen Block erhalten, das könne er nicht beeinflussen. Hubert: "Es muß ein Interesse der Tibeter kommen, damit diese Zusammenarbeit weitergeht".

Zielpunkt: eigenes Album mit Tournee 1999

Noch habe er keine neuen Songs im Kopf, aber er spüre "ein immenses Musiziergefühl". Es gebe vieles was aus ihm heraus möchte. "Ich habe ein fast körperliche spürbares Gefühl von dem, was ich umsetzen möchte", gestikuliert Hubert von Goisern mit den Händen. Ab September müsse er "das identifizieren und hörbar machen", damit daraus konkrete Nummern würden. Im Winter möchte er soweit sei, die neue CD einzuspielen, damit er im Frühjahr 1999 die Zeit der Bühnenabstinenz mit einer Tournee beenden könne.

Seine Beiträge zu Gombe und In Exil zeigen, daß der Tendenzpegel lautmalerischer ausschlagen könnte. Hubert von Goisern: "In mir ist ein gewisses Bedürfnis, die Musik internationaler zu machen. Wenn ich Dialekt singe, ist es sehr regional. Wenn ich dagegen jodle, die Stimme als Instrument einsetze, dann kann ich das in Afrika oder Tibet genauso machen, wie in Amerika." Grundsätzlich würde das aber nicht heißen, daß er sich von textlichen Inhalten verabschiede. Das sei eher eine Dimension, die er mal etwas zur Seite gelegt habe, weil er in erster Linie musizieren möchte: "Musik ist für mich die geilste Sprache - in dem Moment, wo Worte hinzu kommen, engt man seinen Interpretationsspielraum sehr ein, weil man den Leuten vorgibt, sie hätten jetzt etwas ganz Bestimmtes zu empfinden, weil das die Geschichte von was auch immer sei". Musik als solche sehe er viel freier und er wolle da auch noch viel tiefer eintauchen.

Er will seine "alpine musikalische Tradition" auch weiterhin in die Musik einfließen lassen, artikuliert, daß er "nie tibetische Lieder selber singen" werde. Andererseits sieht er es als Glück an, durch Zufall nach Afrika und Tibet gelangt zu sein. Dadurch habe sich für ihn "jetzt alles wieder geöffnet": "Ich mußte meine tradierten Denk- und Handlungsweisen vollkommen vergessen, mußte sie zerschlagen, um in die anderen Traditionen eindringen zu können", reflektiert er und fährt mit innerer Zufriedenheit fort: "Ich fühle, daß ich mein Terrain wieder völlig zerpflückt habe, kein Stein mehr auf dem anderen ist und ich wieder bei Null anfangen kann. Ich werde neue Dinge anpflanzen und zusehen, was davon aufgeht".

Drei Jahre hat er seine Ziehharmonika überhaupt nicht mehr in die Hand genommen: "Ich wollte nicht mechanisch in das hinein kippen, was sich für mich toll bewährt hat". Er sei ziemlich tolpatschig auf der Ziehharmonika geworden, aber "das tut mir unheimlich gut". Jetzt müsse er sich wieder einen ganz neuen Zugang zu diesen Klängen verschaffen. Außer seinem früheren Keyboarder wird von den Alpinkatzen aber niemand mehr dabei sein: "Ich muß mir jene Leute holen, die vom Grundtypus zu meiner neuen Musik passen und nicht erst eine Reinkarnation durchzumachen haben". Reinhard Stranzinger sei ein exzellenter Blues- und Rockmusiker, aber den könne er nicht in seine neue Musik zwängen, "ebensowenig, wie der österreichische Nationaltrainer Prohaska den genialen Mittelfeldspieler Andreas Herzog bei der WM nicht erfolgreich in die einsame Sturmspitze hat drängen können".

Er hofft, daß ein Teil seines früheren Publikums neugierig genug sei, zu erfahren, was ihn im Moment beschäftigt, um dann "mit offenen Ohren unvoreingenommen zuzuhören". Vieles sei exotischer geworden und er spüre die Gefahr, daß die Fans denken könnten: "Jaaaa! Interessant! Aber wie weiter?". Diese Gefahr sei vorhanden, aber wenn er - anders als bei der 15minütigen BR-Aufzeichnung, die er eher als zweifelhaften Ausschnitt einschätzt - sein volles Programm spielen könne, habe er auch wieder die Chance, seine Musik dem Publikum zu vermitteln.

Songs an einem Sommerabend, 1998

www.allmusic.de 2. Oktober 2002 | Fotos: © Bernd Schweinar

Diese Fotos wurden 1998 aufgenommen, als Hubert von Goisern mit einer neuen Band einige Lieder von Inexil vorstellte. Diese Band bestand aus Passang Lhamo (TIPA), Stefan Engel (Alpinkatzen) und Roland Meyer sowie Burkhard Frauenlob, der bei Hubert 2000 - 2003 mitspielte.

Der Goiserer und vier weiße Krähen

Salzburger Nachrichten 8. November 1997 | Text: Martin Stricker

Hubert von Goisern produziert Tibetisches

"Ich möchte den jungen Menschen die Volksmusik zurückgeben. Diejenigen, die sie hören wollen, werden immer weniger. Und wir, wir bewahren nur unsere Tradition - anstatt der jungen Generation zu folgen." Als Sonam Phuntsok das sagte, standen er und seine Freunde am Beginn eines kühnen Projektes.

Sonam ist Opernsänger, einer der besten in seinem Ensemble. Ausgebildet wurde er in einer strengen Tradition, in einer, die seit Jahrhunderten unverändert blieb. Sonam ist mittlerweile selbst Lehrer. Und gibt weiter, was seine Lehrer ihm weitergegeben haben: Die Kunst der tibetischen Oper.

Diese Kunst wird an einem einzigen Ort der Welt gepflegt. In Dharamsala, Nordindien, fanden sich vor der chinesischen Besatzung geflüchtete Tibeter zusammen, um ihre Kultur zu bewahren.

In Salzburg haben es vier von ihnen gewagt, was noch niemand zuvor sich getraute: Die alte Musik ins 20. Jahrhundert zu führen. Ins alpine 20. Jahrhundert, um genau zu sein. Denn Produzent, Führer und Ideenlieferant ist Hubert von Goisern.

Sechs Wochen lang lebten Sonam, sein Kollege Jamyang Choeden sowie die Sängerinnen und Tänzerinnen Shareb Wangmo und Passang Lhamo mit dem Goiserer unter einem Dach. Ort des Geschehens: das Haus Huberts in der Stadt Salzburg, bestückt mit einem bestens ausgerüsteten Aufnahmestudio. "Was wir jetzt an Material haben, ist der Traum eines jeden Musikers", beschreibt Hubert das Ergebnis wochenlanger Arbeit. "Es ist das erste Mal, daß so etwas geschieht. Wir werden sehen, wie die Menschen reagieren", kommentiert Sonam das musikalische Gipfeltreffen. Aufgenommen wurden ein gutes Dutzend Lieder.

Sie handeln vom Panschen Lama, dem "jüngsten Gefangenen Tibets", einem fünfjährigen Buben, der zum nächsten Dalai Lama bestimmt ist und der von den Chinesen an einem unbekannten Ort festgehalten wird. Sie handeln vom 6. Dalai Lama, der im 17. Jahrhundert die Nächte lieber unten in der Stadt in den Schenken und bei den Frauen verbrachte als oben im heiligen Palast. Sie handeln von den Adlern, die die Juwelen des Himmels und den Wolken, die die Perlen sind. Und sie klingen märchenhaft fremd - wenn auch zumindest teilweise in gewohnten Rhythmen. "Wir haben nicht versucht, westlich zu singen und zu spielen", beschreibt Jamyang Choeden die Methode. "Wir haben unsere Musik mit der Euren harmonisiert." Und versucht, eine Sprache zu finden, ohne die traditionellen Muster zu verraten.

"Erst die Hälfte der Arbeit ist geschafft", sagt Sonam. Die weitere Bearbeitung des Rohmaterials übernimmt der Goiserer. Bis Weihnachten soll alles abgemischt sein, im Frühjahr kommt die CD auf den Markt. Produzent Hubert von Goisern wird ebenfalls zu hören sein, mit Gesang und auch mit Instrumenten. "Die Herausforderung ist, daß es Weltmusik wird, aber keine Allerweltsmusik." Unverwechselbar soll es werden und einzigartig. "Ich kann mir nur noch selbst im Weg stehen, aber das glaub' ich nicht".

Und doch: Es gab Tage, an denen "ich total verzweifelt war", erzählt der Goiserer. Zwei Wochen dauerte die Annäherung zwischen Tibet und Österreich, die Einigung auf gemeinsame mentale Spielregeln. Das war nicht zuletzt deswegen so schwierig, weil die Musiker vom Dach der Welt zwar sanft wie Samt sind, aber still wie ein Bergsee. "Wir haben viele Sachen ausprobiert, die wir dann wieder verschrottet haben. Aber plötzlich ist's dann gelaufen."

Hubert von Goisern jedenfalls ist überzeugt und begeistert von dem, was entstanden ist. Seine Hoffnung für die Premiere als Produzent: "Daß es zu den Leuten kommt."

Die vier Tibeter sind wieder zu Hause angekommen. "Da werden wir dann weiße Krähen sein", sagten sie einmal. "Weil weiße Krähen anders sind und nie mehr ganz dazugehören werden." "White Crows" - weiße Krähen - das wird der Name der Musikergruppe sein.